Der Super-Gau in der Fleischerei Tönnies erschüttert derzeit Deutschland. Der Fall wirft Fragen über die Arbeitsverhältnisse in der Industrie auf.
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Tönnies-Angestellte stehen unter Quarantäne. Hunderte Bewohner dieser Siedlung in Verl sind durch den Coronaausbruch in ihrer Siedlung gefangen. - Instagram/@heiko_cgn

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Corona-Super-Gau in der Fleischerei Tönnies gibt es über 1300 Corona-Infizierte.
  • 7000 Arbeiter sind unter Quarantäne gestellt.
  • Dies wirft Fragen über die Anstellungs-Verhältnisse der Angestellten auf.
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Inzwischen sind es über 1300 infizierte Mitarbeiter der Fleischerei Tönnies in Gütersloh (D). Dies, nachdem der grösste Fleischkonzern Deutschlands zu einem Coronavirus-Hotspot mutiert ist – ein Super-Gau.

Die ganze Belegschaft wird nun auf das Coronavirus untersucht. Das deutsche Rote Kreuz und die Bundeswehr schickten dafür am Wochenende 40 Teams in die Wohnungen der Betroffenen. Sie wohnen verstreut im gesamten Kreis Gütersloh.

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Helfer des Roten Kreuzes tragen Mundschutz und Schutzkleidung, während sie Brot an Bewohner eines Wohnhauses verteilen, das unter Quarantäne gestellt worden ist. - dpa

Ganze Strassen und Wohnreihen sind inzwischen Sperrgebiet. Insgesamt 7000 Mitarbeiter des Unternehmens befinden sich in Quarantäne. Sie verteilen sich gerade mal auf 1300 Wohnungen.

Bei 3500 bis 4000 von diesen Mitarbeitern handelt es sich um Werksvertragsarbeiter. Heisst: Sie sind bei Subunternehmen angestellt.

Die meisten stammen aus südosteuropäischen Ländern – hauptsächlich Rumänien und Bulgarien. Sie arbeiten zu Billiglöhnen unter widrigen Bedingungen und sind in Massenunterkünften untergebracht.

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Bewohner der abgesperrten Siedlung in Sürenheide gehen zurück zu ihren Wohnhäusern, gefolgt von Bundeswehr-Soldaten in Schutzanzügen und mit Mund-Nasenschutzmasken, um weitere Personen auf das Coronavirus zu testen. Die Stadt Verl hat nach positiven Corona-Tests bei zahlreichen Tönnies-Mitarbeitern im Stadtteil Sürenheide eine Quarantäne eingerichtet.
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Mitglieder der Feuerwehr bauen am Samstagabend Bauzäune in einer Wohnsiedlung im Ortsteil Sürenheide auf.
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Polizisten sprechen mit Bewohnern, die hinter einem Bauzaun unter Quarantäne stehen. Die Stadt Verl hat nach positiven Corona-Tests bei zahlreichen Tönnies-Mitarbeitern im Stadtteil Sürenheide eine Quarantäne eingerichtet.

Wie es zu besagtem Super-Gau kommen konnte, wird derzeit spekuliert. Doch dass die Gastarbeiter das Virus aus dem Kurzurlaub mitgebrachten, wie es etwa NRW-Ministerpräsident Armin Laschet angetönt hatte, wird bezweifelt.

So auch von Jens D., Anwohner im Sperrgebiet. Dies den Rumänen und Bulgaren in die Schuhe zu schieben, findet er besonders perfide. Wochenendurlaube könnten sich die Arbeiter kaum leisten, so Jens D. gegenüber «Focus.de». «Eine Fahrt nach Hause dauert zwei Tage, das sind 2500 Kilometer.» Niemand fahre danach wieder zurück.

Tönnies-Arbeiter werden «scheisse behandelt»

«Scheisse werden diese Menschen behandelt», wirft er der Firma Tönnies vor. Die Menschen würden bei denen nichts zählen. «Das einzige, was die im Kopf haben, ist Geld und nochmal Geld.» Und fügt an: «Die Arbeiter und Arbeiterinnen können am wenigsten dafür.»

Die Angestellten würden mit drei Taschen hier ankommen und von den Subunternehmern in die Wohnungen gesetzt. Und dann heisse es: «Seht zu, wie Ihr klar kommt.» Selbst zu Zeiten des Lockdowns seien die Menschen eng zusammengestanden. Maskenpflicht und Abstand sei dabei kein Thema gewesen, schildert Jens D.

Druck auf Fleischindustrie wächst

Ein Gutes hat die Corona-Krise in diesem Fall: Sie macht Druck auf Tönnies und die gesamte Fleischindustrie. Neue Auflagen werden bereits diskutiert. Etwa faire Preise für Landwirte, ein Verbot für Billigpreis-Werbung für Fleisch aber auch bei den Löhnen. «Dass Fleisch derart verramscht wird, hat mit dem Verramschen von Arbeitskräften zu tun», sagte etwa SPD-Agrarpolitiker Rainer Spiering.

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