Abschiebung nach Afghanistan: Wer sind die 28 Straftäter?
Deutschland hat 28 Straftäter in das von den Taliban regierte Afghanistan abgeschoben. Doch wer genau sass in dem Abschiebeflieger?
Erstmals seit drei Jahren hat Deutschland wieder Afghanen in ihr Heimatland abgeschoben. Es handelt sich um die erste Abschiebung in das Land seit der Machtergreifung der islamistischen Gruppe vor drei Jahren.
Die nun erfolgte Abschiebung soll seit Wochen strategisch vorbereitet gewesen sein. Sie ist das erste derartige Vorgehen seit der Machteroberung der Taliban in Afghanistan vor drei Jahren. Der Abschiebeflug startete morgens um 6.56 Uhr vom Flughafen Leipzig/Halle und flog direkt in die afghanische Hauptstadt Kabul, «Tagesschau» berichtet.
Alle 28 Männer an Bord des Fluges waren afghanische Staatsbürger und hatten sich in Deutschland diverser Straftaten schuldig gemacht.
Wer sind die Abgeschobenen?
Unter den Abgeschobenen sollen auch sogenannte «Gefährder» gewesen sein, also Personen, die von den Sicherheitsbehörden als potenziell fähig eingestuft werden, schwerste politisch motivierte Straftaten zu verüben.
Die Abschiebungen betreffen unter anderem fünf Straftäter aus Baden-Württemberg, drei aus Bayern und zwei aus Berlin, sowie je einen aus Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen.
Aus Niedersachsen wurden fünf Männer abgeschoben, zwei aus Sachsen-Anhalt sowie sechs aus Hessen. Die Liste der begangenen Delikte beinhaltet unter anderem Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung sowie Totschlag und schwere Brandstiftung.
Zugleich berichtet die «Tageszeitung», dass einer der Abgeschobenen aus Bayern lediglich wegen «einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe» verurteilt worden war. Ob es sich bei allen Männern um schwere Straftäter gehandelt hat, scheint unklar; Regierungssprecher Steffen Hebestreit verwandte am Freitag lediglich die Bezeichnung «Straftäter».
Abgeschobene in Afghanistan auf freiem Fuss
Die Bundesregierung teilte mit, im Vorfeld Vorkehrungen für die Sicherheit der abgeschobenen Männer in Afghanistan getroffen zu haben. Details hierzu gab sie nicht bekannt. Nach Informationen des «ARD-Hauptstadtstudios» wurden mehr als zehn der Männer direkt nach der Ankunft in Kabul freigelassen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte, dass es keine direkten Gespräche mit den Taliban bezüglich der Abschiebungen gegeben habe. Weiter erklärte sie: «Aber wir haben das mit Partnern umsetzen können.»
Emirat organisiert Abschiebeflug
Einer dieser Partner dürfte Katar gewesen sein. So erklärte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor, dass Angehörige des Emirats den Flug organisiert und für dessen Sicherheit gesorgt hätten.
Die Taliban hatten nach dem tödlichen Angriff auf einen Polizisten durch einen Afghanen im Mai signalisiert, mit Deutschland direkt über Abschiebungen verhandeln zu wollen. Eine Drittstaatenlösung, an der sie nicht beteiligt seien, war abgelehnt worden. Wie genau es nun zum Deal mit Mittler Katar kam, scheint unklar.
Humanitäre Lage in Afghanistan
Gemäss den Angaben der «Caritas» hat Afghanistan seit der Machtübernahme durch die Taliban schwere Zeiten durchlebt. Die wirtschaftliche und menschenrechtliche Lage, insbesondere in Bezug auf Frauenrechte, gilt als fatal. Zuletzt hatte das radikal-islamische Regime ein Gesetz erlassen, das es Frauen verbietet, in der Öffentlichkeit laut zu sprechen.
Rund 3,25 Millionen Afghaninnen und Afghanen befinden sich als Binnenvertriebene in ihrem eigenen Land. Laut Zahlen der Vereinten Nationen sind etwa 97 Prozent der Menschen in Afghanistan von Armut betroffen, zwei Drittel der Bevölkerung benötigen zum Überleben humanitäre Hilfe. Unter den vier Millionen unterernährten Afghanen befänden sich 3,2 Millionen Kinder.