Alexej Nawalny: Transportieren Russen hier seine Leiche ab?
Gemäss einer Sprecherin von Kremlkritiker Alexej Nawalny hat seine Mutter noch keinen Zugang zur Leiche bekommen. Nun sind Überwachungs-Bilder aufgetaucht.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Tod von Kremlkritiker Alexej Nawalny ist seine Mutter in das Straflager gereist.
- Sie und Nawalnys Anwälte haben aber noch immer keinen Zugang zu seiner Leiche bekommen.
- Russische Medien vermuten, dass sich diese gar nicht mehr in dem Lager befindet.
Nach dem Tod des Kremlgegners Alexej Nawalny im Straflager haben die Mutter und die Anwälte nach Angaben der Sprecherin des Oppositionellen weiter keinen Zugang zur Leiche des 47-Jährigen.
Am Montagmorgen seien Alexejs Mutter Ljudmila Nawalnaja und die Anwälte nicht in die Leichenhalle in der nordrussischen Stadt Salechard gelassen worden. «Auf die Frage, ob sich dort Alexejs Körper befindet, antworten die Mitarbeiter nicht», teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch im Nachrichtenportal X mit.
Leiche bereits abtransportiert?
Russische Medien vermuten indes, dass Nawalnys Leiche sich gar nicht mehr im Straflager befindet. Überwachungsbilder sollen einen Konvoi zeigen, der das Gefängnis in der Nacht in Richtung der Regionshauptstadt Salekhard verlässt.
Journalists at @mediazzzona studied traffic cam footage of the only bridge connecting Navalny's prison to the morgue in Salekhard and found a strange midnight Federal Penitentiary Service convoy, presumably carrying Navalny's body. This would have been roughly 10 hours after his… pic.twitter.com/VnpK11Vpn6
— Kevin Rothrock (@KevinRothrock) February 19, 2024
Die Aufnahmen sollen eine Brücke nahe der Strafkolonie zeigen, nur etwa zehn Stunden nach Nawalnys Tod. Gemäss dem russischen Portal «Mediazona» wurde Nawalnys Leiche in die Leichenhalle des Bezirksspitals von Salekhard gebracht. Das Spital bestreite diese Vermutung aber gegenüber dem Medium.
Angehörige und das Team Nawalnys fordern den russischen Machtapparat seit Tagen zur Herausgabe der Leiche auf. Nach offiziellen Angaben war der Gegner von Kremlchef Wladimir Putin am Freitag im Straflager gestorben.
Todesursache von Alexej Nawalny laut Russen noch unklar
«Im Ermittlungskomitee wurde der Mutter und den Anwälten gesagt, dass die Untersuchung des Todes Nawalnys verlängert wurde. Wie lange sie noch dauert, ist nicht bekannt», teilte Jarmysch mit.
«Die Gründe des Todes sind immer noch »nicht festgestellt«.» Nawalnys Team macht Putin für den Tod Nawalnys verantwortlich und wirft den Behörden Verzögerungstaktik vor.
Die Witwe des russischen Oppositionsführers, Julia Nawalnaja, war am Montag zum EU-Aussenministertreffen in Brüssel eingeladen. Sie hatte am Vorabend erstmals seit dem Tod ihres Mannes im sozialen Netzwerk Instagram einen Beitrag abgesetzt – ein Foto, auf dem Nawalny sie liebkoste und mit den Worten: «Ich liebe dich». Tausende Menschen sprachen in Kommentaren Julia Nawalnaja Mut zu und wünschten ihr Kraft. Am Montagmorgen hatte der Eintrag mehr als eine halbe Million Aufrufe.
Festnahmen bei Trauerfeiern für Alexej Nawalny
Auch in Russland zeigten Russen offen ihre Trauer – trotz Hunderter Festnahmen und Polizeigewalt. Viele legten an offiziellen Denkmälern für die Opfer politischer Gewalt Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Behörden versuchten weiter, die spontanen Gedenkstätten zu zerstören, Blumen wurden in Mülltüten gestopft und abtransportiert. Auch westliche Botschafter legten in Moskau gegenüber der Geheimdienstzentrale an der Lubjanka Blumen nieder und erinnerten an Nawalnys mutigen Widerstand gegen Putin.
Russische Gerichte haben in Eilverfahren bisher mehr als 200 Strafen gegen die an spontanem Gedenken teilnehmenden Trauernden verhängt.
Allein in St. Petersburg ordneten die Gerichte der Millionenmetropole gegen 199 Menschen Arrest oder Geldstrafen an, auch in der russischen Hauptstadt Moskau gab es mehrere solcher administrativen Strafen. In St. Petersburg kamen mehr als 154 Menschen in eine Arrestzelle, die meisten für mehrere Tage.
Hunderte Festnahmen
Seit Freitag legen Menschen in Russland immer wieder Blumen nieder oder zünden Kerzen an Denkmälern für die Opfer politischer Gewalt in Russland. Dabei gab es nach Angaben von Bürgerrechtlern mehr als 400 Festnahmen in mehr als 30 Städten landesweit.
Die Strafen vor den Gerichten in St. Petersburg ergingen laut den Protokollen wegen Störung der öffentlichen Ordnung nach unerlaubten Versammlungen auf einem öffentlichen Platz. Dafür drohen laut Gesetz in Russland Geldstrafen bis zu 20'000 Rubel, Pflichtarbeitsstunden für die Allgemeinheit oder bis zu 15 Tage Arrest.