Tierquälerei

Tierquälerei im Netz soll bestraft werden

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Deutschland,

Welche Qualen manche Menschen Tieren antun, ist kaum vorstellbar. Doch Bilder davon geistern durchs Netz. Tierschützer fordern, dass das Verbreiten bestraft werden kann. Doch wäre das wirklich eine praktikable Lösung?

Im Netz gibt es unzählige lustige und schöne Videos von Tieren, aber nicht nur. Tierschützer fordern, dass das Verbreiten von Bildern, in denen Tiere gequält werden, bestraft werden soll. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Im Netz gibt es unzählige lustige und schöne Videos von Tieren, aber nicht nur. Tierschützer fordern, dass das Verbreiten von Bildern, in denen Tiere gequält werden, bestraft werden soll. Foto: Julian Stratenschulte/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Tierbilder, um die es hier geht, sind alles andere als niedlich.

Fotos und Videos von Gewalt an Tieren verbreiten sich - wie alles andere auch - rasend schnell im Netz.

Und ebenso wie bei anderen Themen scheinen die Hemmschwellen in der digitalen Welt deutlich niedriger zu liegen. «Das nimmt schon enorme Ausmasse an», sagt Martina Klausmann vom Landestierschutzverband Baden-Württemberg. Regelmässig meldeten sich Menschen in der Karlsruher Geschäftsstelle, um auf solche Darstellungen hinzuweisen.

Täter stammen oft aus dem Ausland

Nur: Die Tierschützer sind bislang ziemlich machtlos. Die Täter seien oft im Ausland, sagt Klausmann. Ebenso wie die Server, über die die Bilder verbreitet werden. Und nicht mal gegen Menschen, die in Deutschland derartiges Material weiterverbreiten, besteht rechtlich eine Handhabe. Denn des Strafgesetzbuches sieht zwar Strafen vor gegen diejenigen, die «grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen» (etwa in Computerspielen) verbreiten. Das gilt aber nicht für Tiere.

Das zu ändern hat sich die Welttierschutzgesellschaft auf die Fahnen geschrieben. Sie fordert eine Erweiterung des Paragrafen um Tiere und hat die Kampagne «Stoppt Tierleid in den sozialen Netzwerken» gestartet. Nach dem Tierschutzgesetz sei es zwar verboten, Tieren grundlos Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. «Aufnahmen von diesen grausamen Gewalttätigkeiten gegenüber Tieren, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung ausdrücken, können aber sowohl dargestellt als auch verbreitet werden», so der Verein aus Berlin.

Um was es ihnen geht, benennen die Aktivisten ganz klar. Der Verein prangert zum Beispiel Fotos von zu Tode getrampelten Katzen an, Videos von aufeinandergehetzten oder misshandelten Hunden sowie ganze Profile über Wildtiere in Haustierhaltung, denen über eine lange Zeit wiederkehrend erhebliches Leid angetan wird.

Wo kein Straftatbestand, da keine Statistik

Würden solche Taten mit der Darstellung von Gewalt an Menschen gleichgestellt, könnten deren Verbreitern Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr oder Geldstrafen drohen. Ausnahmen seien dokumentarische Darstellungen, mit denen zum Beispiel Missstände aufgedeckt werden.

Um welche Dimensionen es geht, lässt sich kaum abschätzen. Das Bundeskriminalamt verweist auf die amtliche Polizeistatistik und die Landespolizeien. Da werden nur Verstösse gegen das Tierschutzgesetz erfasst - im Jahr 2020 immerhin 7930 Fälle. Diese landen mitunter auch vor Gericht, wie jüngst eine Tierarzthelferin, die im Saarland Pferde gequält und getötet hat. Oder im vergangenen Jahr ein Mann in Weiden in der Oberpfalz, der auf sadistische Weise Ratten bis zum Tode drangsaliert und von seinen Taten Handyvideos gedreht hatte. Diese schickte er an eine Bekannte, die zur Polizei ging.

In der Regel könnten die Behörden jedoch nicht auswerten, ob von solchen Taten Aufnahmen erstellt oder verbreitet wurden, erklärt ein Sprecher des Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Wo kein Straftatbestand, da keine Statistik. Anders als beim Verbreiten solcher Bilder gibt es schon Strafen für Menschen, die ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund töten oder ihm erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügen. Verboten ist es ebenfalls, ein Tier für sexuelle Handlungen zu nutzen und dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen.

Netzwerke dürfen dem Tierleid keine Plattform mehr bieten

Die sozialen Netzwerke selbst verweisen auf ihre Richtlinien und Standards. Dabei gehe es auch um Tierschutz, erklärte eine Sprecherin des Konzerns Meta, zu dem unter anderem Facebook und Instagram gehören. Unzulässige Inhalte sollen schnellstmöglich entfernt werden. Ein Sprecher von Youtube für deutschsprachige Länder sagte: «Inhalte, die Gewalt und Missbrauch gegenüber Tieren darstellen, haben jetzt und in Zukunft keinen Platz auf Youtube.» Anfang des Jahres erst seien die Richtlinien erweitert worden, um Inhalte mit vorsätzlichen körperlichen Leiden oder Verletzungen von Tieren, einschliesslich inszenierter Tierrettungen, deutlicher zu verbieten. Immer wieder würden Videos entfernt und Kanäle wegen Verstössen geschlossen.

Der sieht das anders: An der Umsetzung und Ausgestaltung des Geschriebenen hapere es leider, erklärt Wiebke Plasse. Oft werde gar nicht oder erst nach unzähligen Meldeversuchen reagiert - zumeist mit dem Hinweis, dass der Inhalt nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstosse. «Erfolg fanden Meldungen von Tierleid-Inhalten unserer Erfahrung nach ausschliesslich in sehr schweren Fällen, beispielsweise wenn brutale Gewalt gegenüber einem Tier angewendet wird. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs.» Das hänge auch damit zusammen, dass Tierleid unzureichend definiert sei.

Doch würde eine Gesetzesänderung wirklich helfen? Klausmann vom Tierschutzverband Baden-Württemberg sagt, es mangele an Ressourcen. «Wir haben vor Ort schon genug zu tun. Um das Digitale können wir uns nicht auch noch kümmern.» Und auch die Welttierschutzgesellschaft räumt ein, dass eine Novellierung von Paragraf 131 ausschliesslich in Deutschland gelten würde und Netzwerke meist nicht landesspezifisch ihre Standards anpassen. «Durch die gesetzliche Verpflichtung hierzulande wollen wir also den Anstoss geben, das Thema global zu betrachten», erklärt Plasse. «Ziel muss es sein, dass die Netzwerke dem Tierleid keine Plattform mehr bieten - ganz gleich, wo.»

Netzwerke könnten auch zur Mitarbeit verpflichtet werden. Sie müssten dann strafrechtlich relevante Inhalte nicht nur entfernen, sondern auch die Strafverfolgungsbehörden einschalten - und dabei die ihnen vorliegenden Informationen über die Verantwortlichen übermitteln.

Der Verein setzt auf die neue Bundesregierung. Zuversichtlich stimmt ihn unter anderem, dass SPD, Grüne und FDP laut Koalitionsvertrag einen Bundestierschutzbeauftragten ernennen wollen. Auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz mit Vorgaben für die Plattformbetreiber solle überarbeitet werden. Hier hofft der Verein, dass der Tierschutz dabei berücksichtigt wird. Eines der Vorhaben der Ampel-Koalition sei darüber hinaus, Teile des Tierschutzrechts in das Strafgesetzbuch zu überführen und den maximalen Strafrahmen zu erhöhen, teilt ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums mit. Der neue Ressortchef Cem Özdemir (Grüne) habe zudem zu seinem Amtsantritt deutlich gemacht, dass er «oberster Tierschützer dieses Landes» sei.

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