Bosnien: Nationalisten bleiben trotz Verlusten bestimmend

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Bosnien/Herzegowina,

Ineffiziente Verwaltung, Korruption und Vetternwirtschaft lähmen das Land. In Bosnien regieren seit dem Krieg der 90er-Jahre nationalistische Parteien. Bleibt ihre Macht auch nach der Wahl ungebrochen?

Bürger schwenken bei einer Wahlkampfveranstaltung der SDA (Partei der Demokratischen Aktion) Fahnen und jubeln dem Kandidaten Izetbegovic zu.
Bürger schwenken bei einer Wahlkampfveranstaltung der SDA (Partei der Demokratischen Aktion) Fahnen und jubeln dem Kandidaten Izetbegovic zu. - Amel Emric/ZUMA Press Wire/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei den Wahlen in Bosnien-Herzegowina haben die Nationalisten Verluste erlitten, bleiben aber im komplizierten Macht- und Verwaltungsgefüge des kleinen Balkanlandes bestimmende Kraft.

Im Kampf um das dreiköpfige Staatspräsidium fuhren am Sonntag zwei von drei nationalistischen Kandidaten eine Niederlage ein, wie die Wahlkommission am Montag in Sarajevo nach Auszählung von 85 Prozent der Stimmen mitteilte.

Den augenscheinlichsten Erfolg nicht-nationalistischer Reformkräfte feierte der Sozialdemokrat Denis Becirovic. Mit 57 Prozent der Stimmen sicherte er sich den bosniakischen Sitz im Staatspräsidium. Der Vorsitzende der unter den bosnischen Muslimen dominierenden muslimisch-nationalistischen SDA-Partei, Bakir Izetbegovic, unterlag ihm mit 38 Prozent der Stimmen deutlich. Damit wird zum ersten Mal seit zwölf Jahren kein SDA-Politiker im Staatspräsidium vertreten sein.

Neben dem Staatspräsidium wählten die Bürger am Sonntag auch das Bundesparlament, die Parlamente in den beiden weitgehend selbstständigen Landesteilen, die Präsidentschaft in der Serbischen Republik (RS) und die Kantonsverwaltungen in der bosnisch-kroatischen Föderation (FBiH).

Noch immer keinen EU-Kandidatenstatus

Die Machtkämpfe und die korrupte Klientelpolitik der eingesessenen Nationalparteien verhindern, dass das Land seine eigentlichen Probleme löst: wirtschaftliche Rückständigkeit, schlechte Verwaltung, schwacher Rechtsstaat. Anders als die Ukraine und Moldau hat Bosnien-Herzegowina immer noch keinen EU-Kandidatenstatus. Als Voraussetzung verlangt die Union, dass das Land 14 Missstände in den Bereichen Verwaltung, Rechtsstaatlichkeit und Gleichbehandlung der Bürger beseitigt.

Im Staatspräsidium vermochte der bürgerliche Reformer Zeljko Komsic den kroatischen Sitz gegen eine Kandidatin der nationalistischen HDZ-Partei zu verteidigen. Der serbische Sitz ging klar an eine Nationalistin aus der RS. Zeljka Cvijanovic ist eine Vertraute des starken Mannes in der Serbenrepublik, des Separatisten Milorad Dodik. Er hatte die serbische Position im Staatspräsidium in den letzten vier Jahren besetzt.

Dodik selbst hatte sich diesmal um den Posten des Präsidenten der RS beworben. Nach Angaben der Wahlkommission gewann er mit 49 Prozent der Stimmen gegen die konservative Wirtschaftswissenschaftlerin Jelena Trivic mit 43 Prozent. Im Bundesparlament zeichnet sich die fortwährende Dominanz der Nationalparteien ab. Im Landesteil FBiH wurde die SDA mit 25 Prozent der dort abgegebenen Stimmen stärkste Kraft, gefolgt von der kroatischen HDZ mit 19 und den Sozialdemokraten mit 12 Prozent der Stimmen.

In der Serbenrepublik bleibt Dodiks SNSD mit 42 Prozent der Stimmen, die in der RS für das Bundesparlament abgegeben wurden, die stärkste Partei. Die moderat-nationalistische SDS und die konservative PDP folgen mit 19 beziehungsweise 11 Prozent. Für die Mandatsverteilung in der gesamtstaatlichen Volksvertretung lagen zunächst keine Angaben vor.

Weiter Blockade befürchtet

Ersten Einschätzungen zufolge bleibt die Lage in Bosnien schwierig, weil sich die nationalistischen Kräfte weiterhin gegenseitig blockieren können. Dodik strebt zudem eine Abspaltung der RS von Bosnien an und geniesst dabei die Unterstützung Russlands, Serbiens und des EU-Landes Ungarn. Die kroatische HDZ versucht wiederum, den Gesamtstaat zu schwächen, um eine eigene ethnische «Entität» aus dem Landesteil der bosnisch-kroatischen Föderation herauszulösen. Unterstützt wird sie vom EU-Land Kroatien und einigen westlichen Diplomaten.

Bosnien war 1992 bis 1995 Schauplatz eines von Serbien gestarteten blutigen Kriegs. Rund 100.000 Menschen wurden getötet, an die zwei Millionen vertrieben. Der Friedensvertrag von Dayton schuf auch das Amt eines internationalen Repräsentanten. Zu Zwecke Einhaltung des Vertrags kann er Gesetze erlassen und ausser Kraft setzen sowie bosnische Amtsträger absetzen. Seit über einem Jahr bekleidet der frühere deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt das Amt.

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