Bündnis 90/die Grünen fordern Umweltministerium mit Vetorecht
In einer Landschaft, die die letzte Eiszeit geformt hat, erklärt die Bündnis 90/die Grünen Führungsetage, was sie im Kampf gegen die Erderwärmung vorhat.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Grünen greifen im Wahlkampf wieder auf ihr Leitthema Klimapolitik das Augenmerk.
- Sie fordern ein Vetorecht und mehr Kompetenzen für den Umweltminister.
- Bürokratische Hindernisse, die eine Wende der Energiepolitik verhindern sollen weichen.
Mücken schwirren, Ameisen krabbeln geschäftig durchs Gras, irgendwo kreischt ein Greifvogel.
Ein grüneres Ambiente als das Naturschutzgebiet «Biesenthaler Becken» hätte Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kaum finden können zur Vorstellung ihres «Klimaschutz-Sofortprogramms». Zentraler Punkt: Ein Umweltministerium mit Vetorecht bei Gesetzesvorhaben, die nicht konform mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 sind.
Umwelt versus Wirtschaft?
Umweltministerinnen und -minister sind traditionell nicht gerade Schwergewichte am Kabinettstisch. So dürfe das nicht weitergehen, sagt Baerbock. «Es gibt ein Umweltministerium, das ist für alles Gute zuständig. Und dann gibt es ein Wirtschaftsministerium, was die ganzen Jahre immer nur «nein» sagt, weil es unionsgeführt ist.»
Die Zeit dränge beim Klimaschutz, mahnen die Grünen und werben mit der «historischen Chance».
«Wir stehen vor einer Weichenstellung, um überhaupt noch auf den 1,5-Grad-Pfad kommen zu können», mahnt Baerbock. Eine Regierungsbeteiligung, ohne dass man überprüfbar mit Massnahmen auf diesem Weg sei, mache keinen Sinn, sagt Habeck. Nach dem Pariser Klimaabkommen soll die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad begrenzt werden.
1,5-Grad-Hürde
Den Ausbau vor allem der Windkraft an Land hemmen aus Sicht der Energiebranche lange Planungs- und Genehmigungsverfahren. Ein ungelöster Konflikt ist bisher der zwischen dem Windkraftausbau und dem Artenschutz. Habeck sagte, der Ausbau könne im Einklang mit dem Artenschutz gelingen, die Grünen hätten dies mit Umweltverbänden «vorbesprochen».
Nach dem holprigen Start in den Wahlkampf versuchen die Grünen nun, ihr Kernthema Klimaschutz in den Vordergrund zu rücken.
Motto: Volle Kraft für den Klimaschutz - und nicht wieder Jahre verplempern wie die amtierende Regierung aus CDU, CSU und SPD. Zwar seien Klimaziele angehoben worden, sagt Habeck - es fehlten aber konkrete Schritte. In seinen Worten: «Ziele allerdings ohne Massnahmen sind brotlose Kunst.»
Bündnis 90/Die Grünen: Kernthema Klimaschutz
Ähnliche Wortmeldungen kommen von Umweltverbänden. Die Geschäftsführerin des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Antje von Broock, begrüsst die Vorschläge für «konkrete inhaltliche Schritte».
Lisa Göldner von Greenpeace unterstreicht: «Akute Risiken wie die Klimakrise lassen sich nur mit schnellen Reaktionen mindern» - weshalb die Vorschläge eine gute Sache seien. «Aber das Programm der Grünen weist Lücken auf. Um den Temperaturanstieg tatsächlich auf 1,5 Grad zu begrenzen, dürfen schon ab 2025 keine weiteren Verbrenner mehr zugelassen werden.»
Mehr neue Windräder, mehr Solarenergie
In ihrem «Sofortprogramm» setzen sich Bündnis 90/die Grünen für eine schnelle Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ein - mit deutlich höheren Ausbauzielen. So wollen sie bei Wind an Land den Ausbau auf sechs Gigawatt pro Jahr erhöhen.
Das bedeutet: deutlich mehr neue Windräder. Zum Vergleich: Nach zwei schwachen Ausbaujahren rechnen Branchenverbände mit einem Ausbau der installierten Leistung von 2,2 bis 2,4 Gigawatt. Insgesamt gibt es in Deutschland derzeit rund 29.000 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 55 Gigawatt.
Baerbock weiss um das gern bemühte Image der Grünen als Verbotspartei und betont auffällig die Rolle der Industrie. Ein weiteres Abwarten beim Klimaschutz gefährde den Standort Deutschland. Die Botschaft: Mehr Klimaschutz erhält Arbeitsplätze und schafft neue Jobs.
«Veränderungen» und «Zumutungen»
Die Transformationsphase der nächsten 20 Jahre sei eine Phase von «Veränderungen» und eine Phase von «Zumutungen». Zugleich betonte er aber die Notwendigkeit eines sozialen Ausgleichs.
Ganz ohne Verbote aber soll es auch nicht gehen. Baerbock führt aus, es brauche beim Klimaschutz einen Dreiklang aus Ordnungsrecht, einem klaren CO2-Preis und Förderpolitik. So bekräftigt Habeck, das Ende des Verbrennungsmotors müsse kommen, 2030 sei «gesetzt».