Coronavirus: Europa streitet sich um Impfstoffe
Das Wichtigste in Kürze
- Die EU denkt über ein Export-Verbot für die Firma Astrazeneca nach.
- Grossbritannien scheint wenig erfreut über diese Nachricht - will aber kooperieren.
- Auch Österreich zeigt sich unzufrieden mit der EU-Handhabung der Impfstoffe.
Bei den Impfstoffen gegen das Coronavirus kommt es innerhalb der EU immer wieder zu Lieferengpässen und Diskussionen. So auch beim britisch-schwedischen Hersteller Astrazeneca.
Nun soll es in diesem Zusammenhang gar ein Export-Verbot für die Firma geben. Am Donnerstag werden Abgeordnete über den weiteren Verlauf diskutieren. Denn laut der EU-Kommission habe es Astrazeneca nicht geschafft, abgemachte Lieferungen einzuhalten.
«Die fehlenden Dosen von Astrazeneca haben in ganz Europa ein sehr ernstes Problem geschaffen.» Dies sagte Sandra Gallina, Generaldirektorin der Gesundheitsabteilung der EU-Kommission. «Insgesamt hat Astrazeneca uns allen einen schlechten Ruf eingebracht.»
«Ich kann europäischen Bürgern nicht erklären, warum wir Millionen Impfstoffdosen in Länder exportieren, die selbst Impfstoff produzieren. Und von denen nichts zurückkommt», sagte von der Leyen in dem Zeitungsinterview. «Wir sind offen, aber das muss verhältnismässig sein und auf Gegenseitigkeit beruhen.»
Die EU-Kommission war wegen der allgemeinen Knappheit von Corona-Impfstoffen in die Kritik geraten. So herrscht insbesondere zwischen Brüssel und Grossbritannien gereizte Stimmung. Letztere waren von Lieferproblemen bei Astrazeneca bislang deutlich weniger betroffen.
Boris Johnson schiesst gegen die EU - und rudert zurück
Der englische Premierminister Boris Johnson scheint nicht erfreut über die Export-Verbote, welche die EU plant. So sagte er an einem Meeting: «Der Grund für den Impfstoff-Erfolg ist der Kapitalismus. Es waren grosse Pharma-Unternehmen, die den Aktionären gute Renditen bieten wollten.»
Kurz darauf schien er die Aussagen jedoch bereits zu bereuen. Er bat die anwesenden Politiker darum, seine Aussage «wieder zu vergessen». «Wir glauben nicht an solche Blockaden. Wir werden weiter mit der EU an einer Lösung arbeiten wollen», sagte er in einem öffentlichen Statement.
Auch Angela Merkel äusserte sich vorsichtig gegenüber den Plänen der EU. «Wenn es um die Herstellung von Impfstoffen geht, gibt es eine Vielzahl internationaler Abhängigkeiten», sagte sie. «Man muss jetzt sehr vorsichtig sein, wenn es um allgemeine Exportverbote geht. Man muss sich die Lieferketten genau ansehen.»
Im Zusammenhang mit dem geplanten Export-Verbot wollte sich Johnson noch vor der morgigen Sitzung mit Merkel und Emmanuel Macron beraten. Und dafür werben, die Ausfuhr nicht zu blockieren, berichtete die BBC am Montag.
Coronavirus: Kanzler Kurz fordert neue Impfstoffverteilung
In der EU werden die Impfdosen gegen das Coronavirus nicht nach Bevölkerungsanteil, sondern nach Bestellmenge verteilt. Für Sebastian Kurz, österreichischer Kanzler, ein klares No-Go. Für ihn funktioniert die Aufteilung der Dosen nicht so, wie erwartet.
Der Kanzler sorgt sich um die Entstehung von «EU-Mitgliedstaaten zweiter Klasse». Denn abgemacht war, dass die Impfdosen im Verhältnis zur Bevölkerung der Länder verteilt werden.
Er fordert nun eine neue Verteilung der Impfstoffe. Gegenüber der «Welt» sagte Kurz: «Wir können kein Interesse daran haben, dass sich die Kluft innerhalb der Europäischen Union bei der Durchimpfung immer mehr vergrössert».