Dämpfer für Berlusconi-Firma zu ProSiebenSat.1-Anteil
Für den Berlusconi-Medienkonzern MFE läuft es als Aktionär bei ProSiebenSat.1 schleppend. Er will die Anteile erhöhen. Die Wettbewerbsbehörde aus Österreich hat Bedenken und schaltet ein Kartellgericht ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Der italienische Berlusconi-Medienkonzern Media For Europe (MFE) muss vorerst einen Dämpfer bei der geplanten Aufstockung seiner Anteile an ProSiebenSat.1 hinnehmen.
Die Bundeswettbewerbsbehörde in Österreich teilte am Dienstag mit, dass eine «vertiefte Prüfung des Vorhabens erforderlich» sei. Man habe einen Prüfungsantrag an das Kartellgericht gestellt. ProSiebenSat.1 hat auch Fernsehangebote in Österreich.
MFE kommentierte auf dpa-Anfrage das Vorgehen der Behörde nicht, ebenso gab es von ProSiebenSat.1 in Unterföhring bei München kein Statement dazu. MFE ist der grösste Aktionär bei ProSiebenSat.1 mit mehr als 20 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte. Im November hatte das Medienhaus seine Pläne bekanntgegeben, die Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent der Stimmrechte erhöhen zu wollen.
Die österreichische Wettbewerbsbehörde, die sich bei der eigenen Prüfung auf den Faktor Medienvielfalt fokussiert hatte, erläuterte ihren Schritt so: ProSiebenSat.1 sei einer von zwei Anbietern im Privat-TV, die im wesentlichen Umfang breitgefächerte Inhalte für das österreichische Publikum produzieren. Daher habe das Unternehmen als Marktteilnehmer eine «wesentliche Bedeutung für die Medienvielfalt». Zu den TV-Sendern zählen zum Beispiel die österreichischen Vollprogramme PULS 4, PULS 24, ATV und ATV 2.
Zur Frage der Auswirkungen des angemeldeten Zusammenschlussvorhabens habe die Prüfung ergeben, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht ausgeschlossen werden könne, dass es zu nachteiligen Auswirkungen auf den Status quo der Medienaktivitäten von ProSiebenSat.1 in Österreich und insbesondere den Umfang der österreichspezifischen Programminhalte kommen könne.
Bestehende Beteiligung ausbauen
MFE hatte den Angaben zufolge Mitte Dezember einen «Medienzusammenschluss» angemeldet. Konkret: MFE beabsichtige, die bestehende Beteiligung bis zur nächsten planmässigen Jahreshauptversammlung von ProSiebenSat.1 am 2. Mai 2023 auf 29,9 Prozent der Stimmrechte auszubauen «und damit die faktische alleinige Kontrolle» zu übernehmen. Bei einer Hauptversammlung hätte MFE – wenn die Teilnehmerquote insgesamt niedrig ist – einen starken Einfluss. Wie lange die Prüfung durch das Kartellgericht dauern wird, ist unklar.
Es ist nicht die einzige Prüfung, die derzeit zu den MFE-Plänen läuft. Auch deutsche Medienregulierer sind mit dem Fall beschäftigt. Es geht um das Thema Medienkonzentration – also Marktanteil eines Medienunternehmens – und die Frage, ob ein möglicher Verstoss gegen das Gebot der Staatsferne vorliegen würde. Die Prüfung läuft noch.
Silvio Berlusconi ist der frühere Ministerpräsident Italiens. Der 86-Jährige sass auch im EU-Parlament und ist aktuell Chef der konservativen Partei Forza Italia sowie Abgeordneter im italienischen Senat. Sein Sohn ist Chef von MFE, die von Berlusconi gegründete Firma Fininvest hält rund die Hälfte der Anteile.
Beziehung galt als kühl
In der Vergangenheit galt die Beziehung zwischen dem Medienkonzern ProSiebenSat.1, dessen Chef unlängst ausgetauscht worden war, und Media for Europe als eher kühl. Mailand hatte immer wieder von einem europäischen Verbund gesprochen. MFE ist neben dem Heimatmarkt Italien auch in Spanien aktiv.
Aus dem MFE-Konzernumfeld verlautete, dass dem Unternehmen der Ausbau der eigenen Aktivitäten in Deutschland als grösstem Werbemarkt in Europa vorschwebe. Vorstellbar könnten Kooperationen mit ProSiebenSat.1 im für Free-TV wichtigen Marketingbereich mit dem Ziel einer höheren Reichweite oder bei der Produktion von Bewegtbild-Inhalten sein.
Eigene neue TV-Sender will Mailand dem Vernehmen nach dagegen wohl derzeit nicht in Deutschland etablieren. Im Zentrum stehen Synergien mit anderen TV-Unternehmen mit Blick auf einen europäischen Werbemarkt. TV-Unternehmen in Europa könnten auch stärker bei ihrer Infrastruktur – wie zum Beispiel bei IT-Systemen oder der Streaming-Technologie – zusammenarbeiten, so die Überlegungen.