EU-Kommission stuft Atomkraft und Gas als nachhaltig ein
Das «grünes» Finanzlabel für Gas und Atomkraft in der EU ist beschlossene Sache – trotz massiver Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- Die EU-Kommission stuft Investitionen in neue Gas- und Atomkraftwerke als nachhaltig ein.
- Dazu müssen diese bestimmte Bedingungen erfüllen.
- Der Entscheid folgt nach massiver Kritik.
Ungeachtet massiver Kritik stuft die EU-Kommission Investitionen in neue Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Auflagen als klimafreundlich ein. Das kündigte die zuständige EU-Kommissarin Mairead McGuinness am Mittwoch in Brüssel an.
Der Entwurf bleibt sogar noch hinter einer ursprünglichen Version zurück und lockert die Auflagen für Gaskraftwerke. Besonders Deutschland hatte darauf gepocht, die Kriterien für Gas flexibler zu gestalten.
Hintergrund der Einstufung von bestimmten Gas- und Atomprojekten als nachhaltig ist die sogenannte Taxonomie der EU. Sie soll Bürger und Anleger dazu bringen, in klimafreundliche Technologien zu investieren, um die Klimaziele der EU zu erreichen.
Gaskraftwerke müssen schmutzigere Werke ersetzen
Der nun angenommene Rechtsakt sieht vor, dass Investitionen in neue Gaskraftwerke bis 2030 als nachhaltig gelten, wenn sie unter anderem schmutzigere Kraftwerke ersetzen und bis 2035 komplett mit klimafreundlicheren Gasen wie Wasserstoff betrieben werden. Im ursprünglichen Entwurf war die Beimischung von klimafreundlichen Gasen schon ab 2026 vorgeschrieben.
Das bedeutet, dass Gaskraftwerke nun unter Umständen länger höhere Anteile an verschmutzendem Erdgas nutzen können. Neue Atomkraftwerke sollen bis 2045 als nachhaltig klassifiziert werden, wenn ein konkreter Plan für die Endlagerung radioaktiver Abfälle ab spätestens 2050 vorliegt.
Die Pläne der Kommission wurden bereits im Vorfeld stark kritisiert. Österreich und Luxemburg haben angekündigt, dagegen zu klagen. Auch Spanien, Dänemark, die Niederlande und Schweden lehnen eine nachhaltige Einstufung von Gas ab, hiess es Anfang der Woche in einem Brief an die Kommission.
Kritik wegen radioaktivem Abfall
EU-Abgeordnete, Umweltschützer und Wissenschaftler haben immer wieder auf die klimaschädlichen CO2-Emissionen von Gas und die ungelösten Frage des radioaktiven Abfalls bei der Kernkraft hingewiesen. Auch grosse Anleger wie die Europäische Investmentbank und die Investorengruppe IIGCC äusserten sich kritisch.
Nachdem die Kommission den Vorschlag offiziell angenommen hat, kann er nur noch durch eine Mehrheit im EU-Parlament oder mindestens 20 EU-Länder abgelehnt werden, ansonsten tritt er automatisch in Kraft. Eine Ablehnung gilt bislang als unwahrscheinlich.