Deutsche Bank in der «Aufwärtsspirale»
Milliardengewinn und Millionenausschüttung für die Aktionäre: Deutschlands grösstes Geldhaus präsentiert starke Zahlen. Doch noch hat der Vorstand nicht alle seine Ziele erreicht.
Das Wichtigste in Kürze
- «Erfolgsbilanz», «Aufwärtsspirale» - Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ist der Stolz über das beste Jahresergebnis seit 2011 deutlich anzumerken
Der Gewinn sei «etwas Besonderes, weil wir ihn unter ganz anderen Prämissen erzielt haben als noch vor zehn Jahren», betont der Manager, der dem Institut nach einer Verlustserie 2019 einen Radikalumbau verordnet hatte, am Donnerstag. Allerdings: Alle Ziele sind noch nicht erreicht.
Im vergangenen Jahr stiess der Frankfurter Dax-Konzern beim Gewinn in Dimensionen vor, die in Zeiten vor der Finanzkrise 2008/2009 nichts Besonderes waren. Der Vorsteuergewinn stieg 2021 binnen zwölf Monaten von gut einer Milliarde Euro auf rund 3,4 Milliarden Euro. Nach Steuern standen 2,5 Milliarden Euro in der Bilanz und damit mehr als vier Mal so viel wie im ersten Jahr der Pandemie (624 Mio Euro).
Nach Abzug von Zinszahlungen an die Inhaber eigenkapitalähnlicher Anleihen verbleiben gut 1,9 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr 2020 hatte die Deutsche Bank nach fünf Verlustjahren in Folge mit 113 Millionen Euro erstmals unter dem Strich wieder einen Gewinn erzielt. Die Bank profitierte auch davon, dass sie deutlich weniger Geld für mögliche Kreditausfälle zurücklegen musste als im ersten Jahr der Pandemie.
«Wir haben die Deutsche Bank nachhaltig zurück in die Gewinnzone und auf Wachstumskurs gebracht. Und wir haben uns fest vorgenommen, dass uns von diesem Kurs nichts mehr abbringt», betonte Sewing. «2022 ist das Jahr, in dem wir dem Markt endgültig beweisen können, dass wir nachhaltig profitabel sind.» Die ersten Wochen 2022 seien «bereits sehr gut gelaufen».
Zentraler Orientierungspunkt für dieses Jahr bleibe das Renditeziel, bekräftigte Finanzvorstand James von Moltke. «Wir wollen eine Rendite von 8 Prozent nach Steuern auf das materielle Eigenkapital erreichen - ohne Wenn und Aber.» Von diesem Ziel ist die Bank mit 3,8 Prozent noch ein gutes Stück entfernt. Analysten zeigten sich zuletzt skeptisch, dass das Ziel 2022 auch nur annähernd erreicht wird.
Um das Tempo zu erhöhen, will der Vorstand die Kosten von Quartal zu Quartal um 450 Millionen Euro senken. Ausserdem zeigt sich das Management zuversichtlich, was die Entwicklung der Erträge - also der gesamten Einnahmen - angeht. Die bisher für 2022 gesetzte Zielmarke von mindestens 25 Milliarden Euro hat das Institut hierbei schon im abgelaufenen Jahr überschritten.
Ausdrücklich wehrte sich Sewing gegen die Interpretation, die Bank sei immer noch zu abhängig vom Investmentbanking. Zwar trug die Sparte, die in der Vergangenheit mit teuren Rechtsstreitigkeiten massgeblich für die Misere des Konzerns verantwortlich war, auch 2021 wieder den Löwenanteil zum Konzerngewinn bei. Der Vorsteuergewinn im Investmentbanking, in dem die Bank etwa mit dem Handel von Anleihen und Währungen verdient, kletterte zum Vorjahr um 17 Prozent auf gut 3,7 Milliarden Euro. In der Folge dürften auch die Boni für die Investmentbanker wieder steigen. Das Privatkundengeschäft kam 2021 gerade einmal auf einen Vorsteuergewinn von 366 Millionen Euro.
Tiefgreifender Umbau abgeschlossen
Der Vorstand sehe aber «gerade für unsere Privatkundenbank, unsere Unternehmensbank und unsere Vermögensverwaltung exzellente Wachstumschancen», sagte Sewing. Dennoch wird die hauseigene Investmentbank eine wichtige Rolle behalten. Die Bank habe Marktanteile gewonnen, sagte Finanzchef von Moltke: «Das macht uns sehr zuversichtlich, dass sich ein Grossteil unserer Investmentbank-Erträge als nachhaltig erweisen wird.»
Im Zuge des Umbaus hatte das Management das Kapitalmarktgeschäft gestutzt. Im Konzern strich das Management Tausende Jobs: Die Zahl der Vollzeitstellen sank von 90 866 zu Beginn des Umbaus auf 82.969 Ende vergangenen Jahres. Das ursprünglich ausgegebene Ziel, die Zahl der Stellen bis Ende 2022 um 18.000 auf weltweit 74.000 zu drücken, rückte in der Priorisierung nach hinten.
Das Vorhaben, die Kosten weiter zu drücken, bedeute natürlich auch, «dass weitere Stellen wegfallen», sagte Sewing. An erster Stelle stehe aber, die Rendite zu steigern und das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag zu verbessern. Bis Ende des laufenden Jahres will die Bank erreicht haben, dass sie nur noch 70 Cent ausgeben muss, um einen Euro einzunehmen. Im vergangenen Jahr waren es 85 Cent. Sewing kündigte an, die Bank wolle in den nächsten Jahren bei dieser sogenannten Cost-Income-Ratio «natürlich noch mal deutlich Schritte nach unten machen». Genauer will der Vorstand am 10. März werden.
Die Aktionäre sollen an der Genesung der Deutschen Bank teilhaben und nach zwei Nullrunden für das Geschäftsjahr 2021 eine Dividende von 20 Cent je Anteilsschein erhalten. Zusammen mit dem Rückkauf eigener Aktien will das Institut rund 700 Millionen Euro ausschütten.
«Es ist ein erster Schritt, und wir wollen natürlich uns hier weiter steigern», sagte Sewing. Die Bank hatte versprochen, von 2022 an über die Zeit fünf Milliarden Euro an ihre Anteilseigner zurückzugeben. «Viele Aktionäre haben uns selbst in den schwierigsten Phasen die Treue gehalten. Jetzt ist die Zeit gekommen, dieses Vertrauen zu belohnen», bekräftigte Sewing. Am Donnerstagmittag war die Deutsche-Bank-Aktie der grösste Gewinner im Deutschen Aktienindex.
Mit einem Börsenwert von rund 25 Milliarden Euro ist das grösste deutsche Geldhaus im internationalen Vergleich aber immer noch ein Zwerg. Konkurrenten aus den USA wie Goldman Sachs mit einem Börsenwert von umgerechnet über 100 Milliarden Euro und JPMorgan mit fast 400 Milliarden Euro wirken wie aus einer anderen Welt.