Montenegro: Djukanovic hat vorerst keine Regierungsmehrheit

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Montenegro,

Seit fast 30 Jahren lenkt Djukanovic machtbewusst und teilweise autokratisch die Geschicke seines kleinen Landes. Doch bei der Parlamentswahl am Wochenende ist dem Langzeit-Herrscher die Mehrheit abhanden gekommen. Geht seine Ära zu Ende?

Milo Djukanovic, Präsident von Montenegro, spricht in der Parteizentrale. Foto: Risto Bozovic/AP/dpa
Milo Djukanovic, Präsident von Montenegro, spricht in der Parteizentrale. Foto: Risto Bozovic/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach fast 30 Jahren an der Macht hat der montenegrinische Präsident Milo Djukanovic eine herbe Niederlage einstecken müssen.

Bei der Parlamentswahl am Sonntag verfehlte die Regierungspartei DPS zusammen mit ihren potenziellen Partnern die absolute Mehrheit. Drei verschiedene Oppositionsbündnisse errangen zusammen 41 von 81 Mandaten. Ihre Spitzenvertreter kündigten in der Nacht zum Montag an, eine gemeinsame Expertenregierung bilden zu wollen, um damit das Ende der Ära Djukanovic einzuläuten.

Die prowestliche Regierungspartei DPS (Demokratische Partei der Sozialisten) kam auf nur 35 Prozent der Stimmen, wie die Staatliche Wahlkommission am Montag mitteilte. Das bedeutet 30 Mandate (minus 6). Für die Präsidentenpartei reicht es selbst mit ihren potenziellen Bündnispartnern nicht für eine Mehrheit. Die zwei kleineren sozialdemokratischen Parteien und die Listen der albanischen und bosniakischen Minderheiten bringen ihr lediglich zehn weitere verbündete Abgeordnete im neuen Parlament. Allge gemeinsam haben dann nur 40 der insgesamt 81 Mandate.

Das Oppositionsbündnis um die prorussische Demokratische Front (DF) erhielt demnach 33 Prozent der Stimmen, das sind 27 Mandate. Zwei weitere Oppositionsblöcke, die proeuropäischen Demokraten und die Bürgerpartei URA, errangen zehn beziehungsweise vier Mandate. Zusammen hätten die drei Allianzen eine knappe Mehrheit von 41 der 81 Mandate.

Der 58-jährige Djukanovic herrscht seit fast 30 Jahren in unterschiedlichen Funktionen über die ehemalige jugoslawische Teilrepublik an der Adria. Kritiker werfen ihm Korruption, Klientelwirtschaft und Nähe zum organisierten Verbrechen vor. Auch die Verfolgung von unabhängigen Medien und Wahlmanipulationen werden ihm angelastet. In seiner Ära gab es bisher bei keiner Parlaments- oder Präsidentenwahl einen demokratischen Machtwechsel.

Dies könnte sich nun ändern. Trotz ihrer stark voneinander abweichenden Positionen streben die Oppositionsblöcke eine gemeiname Regierung an. «Die beste Lösung für Montenegro wäre eine Expertenregierung», erklärte der DF-Spitzenkandidat Zdravko Krivokapic. Ähnlich äusserten sich auch die Führungspolitiker der Demokraten und der URA. «Die Menschen glauben an diese Koalition zutiefst», meinte der URA-Vorsitzende Dritan Abazovic. «Die Mafia wird Montenegro nicht mehr weiter regieren.»

Der bedrängte Präsident gab in der Wahlnacht den Führungsanspruch für seine DPS noch nicht auf. «Wir haben derzeit zusammen mit den traditionellen Partnern 40 Mandate», erklärte er vor Anhängern in Podgorica. «Der Kampf um eine Mehrheit im Parlament geht also weiter.» Verliert er ihn, sieht er einem unangenehmen Zusammenleben mit einer ihm feindlich gesonnenen neuen Regierung entgegen.

Seit der Ex-Kommunist Djukanovic in den 1990er-Jahren auf einen prowestlichen Kurs eingeschwenkt war, polarisiert er das Land. 2006 hatte er es in die Unabhängigkeit von Serbien geführt, 2017 in die Nato. Seit 2012 verhandelt Montenegro über einen EU-Beitritt. Umstritten wie er ist, sicherte sich Djukanovic bei Wahlen - einerseits durch Überzeugungarbeit, andererseits mit schmutzigen Tricks - stets die nötigen Mehrheiten, um weiterregieren zu können.

Doch am Sonntag fiel die Präsidentenpartei im Vergleich zur letzten Wahl vor vier Jahren von 41 auf 35 Prozent der Stimmen, von 36 auf 30 Mandate zurück. Beobachter sehen die Ursache dafür unter anderem in dem Konflikt mit gläubigen Montenegrinern, den Djukanovic mit einem neuen Kirchengesetz vom Zaun brach. Dieses droht der aus Belgrad gesteuerten, zugleich populären Serbisch-Orthodoxen Kirche mit der Enteignung ihrer Besitztümer. Das knapp vor der Jahreswende beschlossene Gesetz zog Massenproteste nach sich, die erst infolge der Corona-Pandemie im Frühjahr abebbten.

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