Digitalkonzerne wie Google oder Amazon zahlen in Europa deutlich weniger Steuern als klassische Industriebetriebe. Vielen EU-Staaten ist dies ein Dorn im Auge. Doch ein entsprechender Gesetzesvorschlag bleibt wegen des Widerstands einiger auf der Strecke.
Die EU-Finanzminister konnten sich nicht auf eine Digitalsteuer zu einigen. Foto: Stefan Jaitner
Die EU-Finanzminister konnten sich nicht auf eine Digitalsteuer zu einigen. Foto: Stefan Jaitner - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Einführung einer europäischen Digitalsteuer für Konzerne wie Google und Facebook ist gescheitert.
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Ein deutsch-französischer Kompromissvorschlag für die Besteuerung von Online-Werbeerlösen scheiterte am Widerstand einiger EU-Finanzminister in Brüssel.

Es gebe fundamentale Bedenken, sagte Rumäniens Finanzminister Eugen Teodorovici. Rumänien hat derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten inne. Nun müsse eine globale Lösung her, hiess es.

Deutschland und Frankreich hatten zuvor versucht, die umstrittene Digitalsteuer in Europa in abgespeckter Variante durchzusetzen. Sie sprachen sich für eine Umsatzsteuer von drei Prozent auf Online-Werbeerlöse aus, die von Januar 2021 an gelten solle. Voraussetzung dafür sei, dass in der Zwischenzeit keine Lösung auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gefunden werde.

Die EU-Kommission hatte ursprünglich eine weitere umfassendere Variante vorgeschlagen. Für Digitalkonzerne mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro sollten in Europa drei Prozent Ertragssteuer gelten.

Dabei sollte jedoch nicht nur Online-Werbung, sondern etwa auch der Verkauf von Nutzerdaten berücksichtigt werden. Der EU-Kommission zufolge entrichten Digitalfirmen im Schnitt Unternehmenssteuern von rund 9 Prozent - bei klassischen Betrieben sind es durchschnittlich mehr als 20 Prozent.

Steuerfragen müssen in Europa jedoch einstimmig verabschiedet werden, auch der Kompromissvorschlag fiel bei einigen wenigen Staaten nun durch. Steuern dort zu erheben, wo Konsum stattfinde, könne weitreichende Auswirkungen auf die Besteuerung aller Unternehmen haben, sagte Irlands Finanzminister Paschal Donohoe. Zudem sei mittlerweile ein grosser Teil der Industrie digitalisiert, Digitalkonzerne liessen sich nicht klar abtrennen. Irland beherbergt unter anderem Facebook in Europa. Auch aus Schweden und Dänemark kam Widerstand.

Mehrere EU-Länder, die den Vorschlag unterstützten, haben nun bereits nationale Digitalsteuern auf den Weg gebracht, darunter Frankreich, Spanien und Österreich. Das sei jedoch nicht optimal, da sie zur Zerstückelung des EU-Binnenmarktes führten und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen erhöhen könnten, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Zugleich sollen jedoch die Bemühungen auf internationaler Ebene - etwa im Rahmen von OECD und G20 - vorangetrieben werden.

Es könne nicht angehen, dass einige Konzerne praktisch überhaupt keine Steuern zahlten, auch nicht in ihren Heimatländern, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Deutschland und Frankreich hatten im vergangenen Jahr bei der OECD einen Vorstoss zur generellen Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen eingebracht. Vereinfacht könnte das Modell so funktionieren: Wenn ein Konzern Gewinn in ein Land verschiebt, in dem er nur mit einem Niedrigsteuersatz unter einem bestimmten Wert belastet wird, dürfte der Fiskus im Ursprungsland die Differenz zur Mindestschwelle vom Mutterkonzern kassieren.

Dieser Vorschlag sei näherer Begutachtung wert, hiess es etwa aus Schweden, das sich zuvor noch sehr kritisch zu einer EU-Digitalsteuer geäussert hatte. Bis 2020 sollen international nun Fortschritte verzeichnet werden.

Der EU-Kommissionsvorschlag bleibe nichtsdestotrotz auf dem Tisch, sagte Moscovici. «Wir ziehen ihn nicht zurück.» Vielmehr könne er als Blaupause für nationale Steuermodelle dienen und die Diskussionen auf internationaler Ebene formen.

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