Wegen der Präsidentschaftswahlen in Weissrussland ruft der EU-Ratschef für einen Videogipfel auf. Die Wahlergebnisse werden von der EU nicht akzeptiert.
Belarus
EU-Ratspräsident Charles Michel hat einen EU-Videogipfel angesetzt. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • EU-Ratschef hat wegen der Wahl in Weissrussland für einen EU-Videogipfel angesetzt.
  • Die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen in Belarus werden von der EU nicht akzeptiert.
  • Staatschef Lukaschenko kündigte bereits an, dass es keine Neuwahlen geben wird.
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Angesichts der Massenproteste nach der Präsidentenwahl in Belarus (BLR) hat EU-Ratschef Charles Michel für Mittwoch einen EU-Videogipfel angesetzt. Die Menschen in Belarus hätten das Recht, über ihre Zukunft zu entscheiden und ihre Führung frei zu wählen. Dies schrieb Michel am Montag auf Twitter. Gewalt gegen die Demonstranten sei inakzeptabel.

Seit der Präsidentenwahl vor gut einer Woche gewählt wurde, gibt es in dem Land grosse Proteste gegen Präsident Alexander Lukaschenko. Dieser hat sich zum sechsten Mal in Folge zum Wahlsieger ausrufen lassen.

Polizei reagierte auf friedliche Demonstranten mit Gewalt

Viele Bürger sowie ausländische Beobachter zweifeln das Ergebnis an und halten Swetlana Tichanowskaja für die eigentliche Gewinnerin. Allein in der Hauptstadt Minsk gingen am Sonntag Hunderttausende auf die Strasse. Vor allem zu Beginn der Proteste reagierte die Polizei mit Gewalt gegen weitgehend friedliche Demonstranten, Tausende wurden festgenommen.

Belarus
Ein Mann wird bei Protesten am Freitag in Belarus abgeführt. - EPA

Die Europäische Union brachte wegen der Polizeigewalt bereits am Freitag neue Sanktionen gegen Unterstützer des Staatschefs Lukaschenko auf den Weg. Zudem sollen Strafmassnahmen gegen Personen verhängt werden, denen eine Fälschung der Präsidentenwahl am vergangenen Sonntag vorgeworfen wird. Das entschieden die Aussenminister der 27 Staaten einstimmig

Wahlergebnisse werden von EU nicht akzeptiert

«Die EU akzeptiert die Wahlergebnisse nicht», teilte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell nach den Ministerberatungen mit. Man arbeite nun daran, diejenigen zu sanktionieren, die für Gewalt und Fälschungen verantwortlich seien.

Die deutsche Regierung verlangte am Montag von der belarussischen Staatsführung ein Ende der Gewalt. Die Sicherheitskräfte müssten die Gewalt gegen friedliche Demonstrierende einstellen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Gefangene müssten «unverzüglich und bedingungslos» freigelassen werden. Zudem brauche es einen «nationalen Dialog» der Regierung mit der Opposition und Gesellschaft.

Deutsche Regierung ist im Kontakt mit vielen europäischen Partnern

Es kann zu einer Ausweitung der von den EU-Staaten verhängten Sanktionen gegen Vertreter der Führung des Landes kommen. Dies hänge von den dortigen Behörden ab, sagte Seibert.

Steffen Seibert
Regierungssprecher Steffen Seibert leitet das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. - dpa

«Natürlich sehen wir auch die Option, die Sanktionen auf weitere verantwortliche Personen auszuweiten.» Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sei am Wochenende mit vielen europäischen Partnern zur Lage in Belarus im Kontakt gewesen. Die deutsche Regierung habe auch Kontakt zu der Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja gehabt.

Neuwahlen von Staatschechf abgelehnt

Staatschef Alexander Lukaschenko hat nach Massenprotesten in Belarus Neuwahlen abgelehnt. «Sie werden nicht erwarten, dass ich etwas unter Druck mache.» Ähnlich hatte er sich bereits am Sonntag geäussert und Fälschungsvorwürfe bei der Präsidentenwahl vor gut einer Woche zurückgewiesen.

Alexander Lukaschenko
Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus (Weissrussland), spricht bei einer Kundgebung vor dem Minsker Radschlepperwerk. - sda

Zugleich signalisierte er Reformbereitschaft. Derzeit werde an der Option einer Verfassungsänderung gearbeitet. Diese sieht eine Umverteilung der Macht vor. Er sei bereit, Befugnisse zu teilen, «aber nicht unter Druck und nicht über die Strasse».

Viele Arbeiter von Staatsbetrieben treten in Streik

Zu Wochenbeginn traten Arbeiter in vielen Staatsbetrieben in den Streik. Die Fabriken gelten als elementar für das Funktionieren des Staates. Experten gehen davon aus, dass Lukaschenko so am schnellsten zum Aufgeben gezwungen werden kann.

Lukaschenko sagte: «Diejenigen, die arbeiten wollen, sollen arbeiten. Wenn nicht, dann werden wir sie auch nicht dazu zwingen. Wenn 150 oder sogar 200 Menschen streikten, dann habe das keinen Einfluss auf den Betrieb.» Auch das Staatsfernsehen hatte am Montag Sendeprobleme, weil Mitarbeiter entweder streikten oder prominente Moderatoren gekündigt haben.

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