Franziska Giffey: «Man muss immer die Alternativen abwägen»
Die SPD in Berlin will nicht mehr mit Grünen und Linken regieren. Für die SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey ist eine Koalition mit der CDU die bessere Alternative. Das ist allerdings umstritten.
Das Wichtigste in Kürze
- In Berlin stehen die Zeichen auf Schwarz-Rot: Der SPD-Landesvorstand hatte sich am Mittwoch für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU entschieden, der CDU-Landesvorstand votierte am Donnerstag einstimmig für solche Gespräche.
Sollten beide Parteien zusammenkommen, müsste die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey das Rote Rathaus verlassen, in das sie erst im Dezember 2021 eingezogen war. Sie steht aber für ein Amt als Senatorin in der neuen Landesregierung zur Verfügung. Wie es nun weitergeht, erklärt die SPD-Landesvorsitzende im Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Sehen Sie nicht die Gefahr, dass die SPD als Juniorpartner weiter an Zustimmung verliert?
Man muss immer die Alternativen abwägen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir bei der nächsten Wahl noch schlechter dastehen, weil die Leute sagen, die machen einfach so weiter – das ist eine grosse Gefahr. Die andere Seite ist, die Grünen haben mit der CDU verhandelt und das war für sie auch eine echte Option. Wenn wir in die rot-grün-rote Richtung gegangen wären, bin ich mir sehr sicher, dann hätten wir Schwarz-Grün bekommen. Die CDU war sehr beweglich uns gegenüber, aber auch den Grünen gegenüber. Und das wäre aus meiner Sicht die schlechteste Position für die SPD, wenn wir in der Opposition Schwarz-Grün beim Regieren zuschauen.
Warum soll es einen Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag geben?
Wir haben im Landesvorstand am Mittwoch eine sehr ehrliche Debatte geführt, und zwei Drittel haben für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU gestimmt. Ich würde die Stimmungslage in der gesamten Partei auch in etwa so einschätzen. Wir haben Mitglieder, die sich jetzt sehr stark gegen ein solches Bündnis aussprechen und auch sehr laut sind. Aber es gibt auch sehr, sehr viele Rückmeldungen aus der Partei, die sagen, das ist ein richtiger und auch ein mutiger Schritt. Deshalb haben wir entschieden, dass es ein Mitgliedervotum geben soll, um möglichst alle Mitglieder einzubeziehen. Dafür muss etwas Zeit eingeplant werden. Aber das finde ich auch richtig bei einer so gravierenden Entscheidung.
Wäre Schwarz-Rot ein Rückschritt für Berlin?
Unsere Aufgabe wird sein zu beweisen, dass dieses Bündnis eine Fortschrittskoalition ist. Und dass wir es schaffen, die Themen soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, wirtschaftliche Entwicklung und vielfältige Stadt ganz besonders in den Fokus zu rücken. Auch dieses Bündnis wird die Aufgabe haben, alles daran zu setzen, dass Berlin weiter Vorreiter beim Thema Klimaneutralität ist, genauso wie beim Wohnungsbau. Dieses Bündnis muss für Innovation, Tatkraft, Pragmatismus und Lösungsorientierung und vor allen Dingen für Bürgernähe stehen.