Hitze: Erste Atomkraftwerke müssen Leistung herunterfahren
Wegen den hohen Temperaturen müssen einige Atomkraftwerke ihre Leistung herunterfahren. Sie dürfen kein Kühlwasser aus den Flüssen mehr entnehmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Einige Atomkraftwerke müssen ihre Leistung wegen der heissen Temperaturen herunterfahren.
- Da das Wasser bereits warm ist, dürfen sie das Kühlwasser nicht mehr wiedereinspeisen.
Wegen der Hitzewelle müssen die ersten Atomkraftwerke in Deutschland ihre Leistung herunterfahren. Das Atomkraftwerk Philippsburg in Baden-Württemberg etwa reduzierte seine Leistung von Block zwei um bis zu zehn Prozent, wie der Betreiber EnBW am Dienstag mitteilte. Andere Kraftwerke in Deutschland und Europa könnten folgen.
«Wenn die Wassertemperatur in den Flüssen einen bestimmten Punkt erreicht, dürfen die Kraftwerke kein Kühlwasser mehr entnehmen und müssen dementsprechend den Betrieb reduzieren oder ganz einstellen», sagte Dieter Majer, langjähriger Chef der Abteilung für Atomsicherheit im Bundesumweltministerium, am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Im Extremfall könnte die Hitze auch zum Sicherheitsrisiko bei den Atomkraftwerken werden.
Die Kraftwerke entnehmen ihr Kühlwasser in der Regel aus Flüssen. Damit die Wassertemperatur der Gewässer durch die Wiedereinspeisung genutzten Kühlwassers nicht zu sehr steigt, unterliegt die Entnahme strengen Vorgaben. Pauschale Regeln zu maximalen Wassertemperaturen gibt es jedoch nicht: «Die Vorgaben variieren wegen der unterschiedlichen Umweltbedingungen von Kraftwerk zu Kraftwerk», sagte Majer.
Manche Kraftwerke verfügen zudem über zusätzliche Anlagen, um weniger abhängig von der Temperatur des Flusswassers zu sein. «Die belgischen Atomreaktoren Tihange und Doel etwa verfügen über Kühltürme», sagte Majer. Das Atomkraftwerk Emsland in Niedersachsen hat einen eigenen Kühlwassersee. Bislang traten deshalb keine Probleme auf, teilte der Betreiber RWE mit.
Wassertemperaturen steigen
Wegen Hitze und Dürre steigen vielerorts in Europa derzeit die Wassertemperaturen stark an, und es könnte nach Einschätzung Majers zu Kraftwerkausfällen kommen. Die Versorgungssicherheit sieht er aber nicht in Gefahr. Allerdings müssten dann zusätzliche Gaskraftwerke ans Netz gehen, um die Spannung aufrechtzuerhalten. «Die Gaskraftwerke sind teurer im Betrieb, und die Stromkosten könnten daher steigen».
Im Extremfall könnte die Hitzewelle Majer zufolge auch zum Sicherheitsproblem bei Atomkraftwerken werden. Denn selbst wenn die Reaktoren abgeschaltet sind, müssen sie weiter gekühlt werden: «Es entsteht weiterhin Wärme im Bereich von ein bis fünf Prozent der Nennleistung des Kraftwerks», sagte Majer. Ohne Kühlung reiche das aus, um eine Kernschmelze zu produzieren.
«Wenn die Temperatur des Kühlgewässers also extrem steigt oder der Pegel dramatisch sinkt, könnte das durchaus zum Problem werden», warnte der Experte. «Davon sind wir in Deutschland und in Europa aber zum Glück noch weit entfernt.»