Kardinal Koch bemüht sich um Entspannung nach Nazivergleich wegen synondalen Wegs
Nach einem mutmasslichen Nazivergleich mit Blick auf den sogenannten synodalen Weg der deutschen katholischen Kirche hat sich der aus der Schweiz stammende Kardinal Kurt Koch um Entspannung bemüht.
Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz vom Mittwoch trafen sich Koch und ihr Vorsitzender, der Limburger Bischof Georg Bätzing, am Dienstag in Rom zu einem «vertraulichen Gespräch» über die Angelegenheit. Darin habe Koch Bätzing «glaubhaft versichert», keinesfalls den deutschen synodalen Weg gemeint zu haben.
Koch ist seit längerem als ein ranghoher Kritiker des als synodaler Weg bezeichneten Reformprozesses der deutschen Kirche bekannt. Jüngst hatte er in einem Interview mit einer erzkatholischen deutschen Zeitung über die deutschen Reformdebatten gesprochen. Dabei erwähnte er auch, dass es neben der Bibel und der kirchlichen Tradition für manche heute anscheinend neue Offenbarungsquellen wie den Zeitgeist oder das Gefühl der Gläubigen gebe.
Koch ergänzte, ihn erschrecke, dass dies «wieder» in Deutschland passiere. «Denn diese Erscheinung hat es bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die sogenannten 'Deutschen Christen' Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben.»
Die «Deutschen Christen» waren eine von nationalsozialistischer Ideologie geprägte Bewegung innerhalb der protestantischen deutschen Kirche, die in den 20er und 30er Jahren eine auf antisemitischen und rassistischen Weltanschauungen beruhende nationalistisch-völkische Glaubensausrichtung etablieren wollte. Sie verstand sich explizit als Teil der NS-Bewegung.
Bätzing hatte die Interviewäusserungen Kochs als «völlig inakzeptable Entgleisung» bezeichnet und eine umgehende öffentliche Entschuldigung gefordert. Andernfalls kündigte er eine Beschwerde bei Papst Franziskus an.
Bätzing und Koch hätten bei ihrem Zusammentreffen in Rom nun «jeweils ihre Positionen ausgetauscht», teilte die Bischofskonferenz in Bonn mit. Koch habe darin ausserdem «ausdrücklich betont», dass es ihm «völlig fern liege, den Synodalen die schreckliche Ideologie der 30er Jahre unterstellen zu wollen». Er bitte alle, die sich dadurch verletzt fühlten, «um Verzeihung».
Hintergrund der Affäre um das Interview sind anhaltende massive Spannungen innerhalb der katholischen Kirche um den synodalen Weg. Im Vatikan werden die Reformbestrebungen in Deutschland vielfach kritisch gesehen, auch der Papst äusserte sich bereits kritisch dazu. Kardinal Koch selbst zählt zu den führenden Köpfe der katholischen Weltkirche. Er amtiert seit 2010 als Präsident des sogenannten Päpstlichen Rats zur Einheit der Christen.
Der synodale Weg stellt eine Reaktion der deutschen katholischen Kirche auf eine seit Jahren anhaltende tiefgreifende Vertrauenskrise dar. In ihm arbeiten Laien und Kleriker gemeinsam an Reformideen. Ursprünglich entstand er als Reaktion auf die kirchlichen Missbrauchsskandale. Es geht um Fragen der innerkirchlichen Machtstrukturen oder die Öffnung von Kirchenämtern für Frauen, aber auch eine Neupositionierung bei Themen wie etwa Homosexualität.
Auch innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland ist der synodale Weg heftig umstritten, er wird etwa von einflussreichen konservativen Bischöfen abgelehnt. In wenigen Wochen wollen deutsche Bischöfe im Vatikan bei einem mehrtägigen Treffen mit Vertretern der Weltkirche über das Reformprojekt sprechen. Der Ausgang der Zusammenkunft wird mit grosser Spannung erwartet.