In vielen EU-Ländern feiern populistische Parteien rauschende Wahlerfolge. Nicht so in Griechenland: Dort setzen die Wähler nach Umfragen in der prekären wirtschaftlichen Situation auf Volksparteien.
Nach seiner Niederlage bei den Europawahlen: Alexis Tsipras (r.), Premierminister von Griechenland, trifft sich mit Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos. Foto: Petros Giannakouris/AP
Nach seiner Niederlage bei den Europawahlen: Alexis Tsipras (r.), Premierminister von Griechenland, trifft sich mit Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos. Foto: Petros Giannakouris/AP - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Sonntag werden die griechischen Wähler bei der Parlamentswahl extremen Parteien aller Voraussicht nach eine Abfuhr erteilen.
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Die rechtsextreme Partei Goldene Morgenröte und die einst starke kommunistische Partei KKE kommen laut Umfragen jeweils nicht mal mehr auf 4 Prozent.

Die rechtspopulistische Partei Anel, die bis Anfang dieses Jahres als kleiner Koalitionspartner in der Regierung sass, tritt gar nicht erst an. Entgegen des europäischen Trends favorisieren die Griechen die Volksparteien.

«Die Wähler wollen Stabilität», kommentiert der griechische Demoskop Andreas Drymiotis die aktuellen Prognosen. Noch vor vier Jahren, inmitten der griechischen Schuldenkrise, hatten Wutbürger und Protestwähler den Wahlausgang bestimmt.

An die Macht kam damals - zum Schrecken der internationalen Gläubiger des Landes - die linksradikale Partei Syriza. Deren Chef Alexis Tsipras hatte im Wahlkampf versprochen, die strikten Sparprogramme zu annullieren und den Gläubigern die Stirn zu bieten.

Dieses Versprechen konnte Tsipras nicht halten, im Gegenteil: Schritt für Schritt setzte er in der Folge die geforderten Auflagen und Reformen um, kürzte Renten und erhöhte Steuern. Syriza entwickelte sich zur moderaten linken Volkspartei, vergleichbar etwa mit der SPD.

Im Gegensatz zu den deutschen Sozialisten jedoch erzielt Syriza bei Umfragen derzeit immerhin noch 22 Prozent. Der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia, quasi der griechischen CDU, werden sogar mehr als 38 Prozent vorhergesagt - eine Zahl, von der andere konservative Parteien in Europa nur träumen können.

«Von radikalen Parteien sind wir zu sehr enttäuscht worden», sagt eine Mitarbeiterin des griechischen Innenministeriums, die so kurz vor der Wahl nicht mit Namen genannt werden möchte. «Die Situation des Landes ist wirtschaftlich gesehen weiterhin heikel - es gibt keinen Raum für Fehler mehr.»

Experimente mit Populisten könnten das Land wieder an den Abgrund treiben, sagt die studierte Politologin. Davor hätten die Menschen Angst und rückten deshalb automatisch in Richtung politische Mitte. «Andere Länder hingegen haben solche gravierenden wirtschaftlichen Probleme nicht, deshalb können sie es sich leisten, mehr auf Ökologie zu setzen oder auf neue Parteien wie etwa die deutsche AfD, die noch nie an der Macht war, sich also noch nie unter Beweis gestellt hat.»

Gegen Rechtsradikale scheinen die Griechen weitgehend resistent. Die rechtsextreme Partei Goldene Morgenröte hatte im Wutwahl-Jahr 2015 immerhin noch 7 Prozent der Stimmen geholt, nun liegt sie in Umfragen bei 3,3 Prozent. Und das, obwohl Griechenland seit Jahren neben der Schulden- auch stark unter der Flüchtlingskrise leidet. Dennoch ist es den Rechtsextremisten nicht gelungen, daraus Kapital zu schlagen. «Den Flüchtlingen geht es ja noch schlechter als uns!», sagen viele Griechen, wenn man sie darauf anspricht.

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