Neuer Haftbefehl gegen türkischen Kulturmäzen Kavala wegen Putschversuchs 2016

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Türkei,

Die Freude währte nur kurz: Wenige Stunden nach seinem überraschenden Freispruch in einem umstrittenen Prozess wegen der Gezi-Proteste in Istanbul hat die türkische Justiz neue Vorwürfe gegen den Kulturmäzen Osman Kavala erhoben.

Osman Kavala sass seit mehr als zwei Jahren in U-Haft
Osman Kavala sass seit mehr als zwei Jahren in U-Haft - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Wenige Stunden nach Freispruch in umstrittenem Strafprozess wegen Gezi-Protesten.

Die Istanbuler Staatsanwaltschaft erliess am Dienstagabend einen neuen Haftbefehl gegen den prominenten türkischen Unternehmer. Hintergrund sind laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu Ermittlungen gegen Kavala wegen des gescheiterten Putschversuches im Jahr 2016.

Ein Gericht in Silivri bei Istanbul hatte Kavala und acht weitere Bürgerrechtsaktivisten am frühen Nachmittag überraschend vom Vorwurf des «Umsturzversuchs» im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten 2013 in Istanbul freigesprochen. Die Richter begründeten ihr Urteil damit, dass keine ausreichenden Beweise gegen die Angeklagten vorlägen. Das Gericht ordnete die Freilassung Kavalas an, der seit mehr als zwei Jahren in Untersuchungshaft sass.

Laut Anadolu wurde Kavala am Ausgang des Silivri-Gefängnisses von Ermittlern erwartet, die ihn zum Sitz des Antiterror-Polizei in Istanbul brachten, wo er wegen des neuen Haftbefehls in Gewahrsam genommen wurde. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte am Abend die sofortige Freilassung Kavalas. Human Rights Watch sprach von «Rache».

In dem Verfahren wegen der regierungskritischen Proteste im Istanbuler Gezi-Park im Sommer 2013 waren insgesamt 16 Bürgerrechtsaktivisten angeklagt. Sieben von ihnen, unter ihnen der in Deutschland im Exil lebende Journalist Can Dündar, waren vor der türkischen Justiz geflüchtet. Ihr Verfahren wurde abgetrennt.

Kavala war im Oktober 2017 festgenommen worden. Erst nach mehr als einem Jahr legte die Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift vor. Kavala wurde darin zusammen mit weiteren Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft vorgeworfen, die regierungskritischen Proteste im Istanbuler Gezi-Park finanziert und organisiert zu haben. Wegen «Umsturzversuchs» forderte die Staatsanwaltschaft erst Anfang Februar eine lebenslange Haftstrafe gegen ihn.

Die Proteste hatten sich im Mai 2013 an Plänen des damaligen Regierungschefs Recep Tayyip Erdogan zur Bebauung des Istanbuler Gezi-Parks entzündet. Nach einem brutalen Polizeieinsatz gegen Umweltschützer weiteten sie sich landesweit aus. Erst nach Wochen gelang es Erdogan, die Protestbewegung niederzuschlagen. Der heutige Staatspräsident betrachtet sie als Verschwörung zum Sturz seiner Regierung.

Nach der Urteilsverkündung brachen dutzende Unterstützer der Angeklagten im Gerichtssaal in Jubel aus. Kavala war durch seine mehr als zweijährige Haft zu einem Symbol der zunehmenden Repression der Zivilgesellschaft durch die islamisch-konservative Regierung nach dem Putschversuch im Juli 2016 geworden. Erdogan hatte Kavala mehrfach persönlich attackiert und ihm vorgeworfen, «Terrorismus zu finanzieren».

Der Prozess gegen Kavala war international auf scharfe Kritik gestossen. Im Dezember hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Kavalas sofortige Freilassung gefordert.

«Dieser Prozess hätte gar nicht erst stattfinden dürfen», sagte Emma Sinclair-Webb von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nach der Urteilsverkündung am Dienstag. «Der einzige Zweck dieses Prozesses war es, Menschenrechtsaktivisten anzugreifen.»

Die Bundesregierung äusserte sich «erleichtert» über die Freisprüche. Das Auswärtige Amt kündigte an, das sogenannte Büyükada-Verfahren gegen den Ehrenvorsitzenden der türkischen Sektion von Amnesty International, Taner Kilic, und weitere als «Istanbul 10» bekannte Menschenrechtler weiterhin «aufmerksam» zu verfolgen. In dem ebenfalls höchst umstrittenen Prozess soll am Mittwoch das Urteil fallen. Zu den Angeklagten zählt auch der deutsche Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner, der die Türkei im Oktober 2017 verlassen konnte.

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