Norwegen: Klimaklage gegen den Staat abgewiesen
Die Erlaubnis neuer Ölbohrungen in der Arktis verstösst nicht gegen den «Umweltparagrafen». Das hat der Oberste Gerichtshof Norwegens entschieden. Für Greenpeace und andere Umweltschützer eine schwere Schlappe.
Das Wichtigste in Kürze
- Greenpeace und weitere Umweltschützer sind mit ihrem jahrelangen Kampf gegen Ölbohrungen in der Arktis auch vor dem Obersten Gerichtshof Norwegens gescheitert.
Das Gericht in Oslo wies die Berufung der Kläger mit einer Mehrheit von elf zu vier Stimmen ab, wie die obersten Richter des skandinavischen Landes am Dienstag bei einer online übertragenen Urteilsverkündung mitteilten.
Damit stellten sich die Richter hinter das Urteil zweier Vorinstanzen, dass der norwegische Staat mit der Erlaubnis neuer Ölbohrungen nicht gegen einen als Umweltparagrafen bekannten Passus des norwegischen Grundgesetzes verstossen habe. Der Paragraf könne nicht so ausgelegt werden, wie von den Umweltschützern gewünscht, erklärte Richter Borgar Høgetveit Berg.
Auch Verstösse gegen die europäische Menschenrechtskonvention oder Verfahrensfehler bei der Zulassung durch den Staat konnten die Richter nicht feststellen. Gegen den Punkt der Verfahrensfehler hatten vier Richter Einwände.
«Das ist ein wichtiges und umfassendes Urteil, und wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis», erklärte die norwegische Öl- und Energieministerin Tina Bru. Die Umweltschützer reagierten dagegen enttäuscht. «Wir sind empört über dieses Urteil, das Jugendliche und künftige Generationen ohne verfassungsrechtlichen Schutz belässt», erklärte die Chefin der Umweltschutzorganisation Natur & Jugend, Therese Hugstmyr Woie.
Der Leiter von Greenpeace Norwegen, Frode Pleym, sprach von einer Enttäuschung. «Es ist absurd, dass unser Recht auf eine lebenswerte Umwelt nicht genutzt werden kann, um Norwegens schädlichste Aktivitäten für unser Klima und unsere Umwelt zu stoppen.» Die Kläger schauten nun auf ihre weiteren Möglichkeiten, darunter auch ein Antrag am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Norwegen hatte 2016 erstmals seit 20 Jahren neue Ölbohrungen in der arktischen Barentssee gestattet - nach Angaben von Greenpeace fast zeitgleich mit der norwegischen Ratifizierung des Weltklimaabkommens von Paris. Noch im selben Jahr reichten die Umweltschützer Klage ein: Greenpeace, Natur & Jugend sowie zwei Unterstützergruppen warfen dem Staat vor, mit der Zulassung der Bohrungen gegen den als Umweltparagrafen bekannten Paragrafen 112 der norwegischen Verfassung verstossen zu haben, wonach das Volk ein Recht auf eine gesunde Umwelt habe. Sie erhofften sich von dem Verfahren nicht nur, dass Ölbohrungen in der Arktis letztlich verboten werden, sondern auch einen Präzedenzfall für Klimaklagen in aller Welt.
Die norwegische Regierung vertrat dagegen die Ansicht, dass der Beschluss die politischen Prozesse gründlich durchlaufen habe und verfassungskonform gewesen sei. Sowohl das Bezirksgericht in Oslo als auch das Berufungsgericht Borgarting hatten dem Staat Recht gegeben. Daraufhin waren die Umweltschützer vor den Obersten Gericht in Berufung gezogen.