Paris will Luftfahrtindustrie mit 15 Milliarden Euro retten
Hunderttausende arbeiten in Frankreich in der Luftfahrtbranche. Die Corona-Pandemie hat den Luftverkehr quasi zum Erliegen gebracht. Die Branche gerät in eine noch nie da gewesene Krise. Paris greift nun sehr tief in die Tasche, um seinen «nationalen Stolz» zu retten.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einem 15 Milliarden Euro schweren Rettungspaket will Frankreich seine von der Corona-Krise stark getroffene Luftfahrtindustrie stützen.
«Heute Morgen rufen wir also den Ausnahmezustand aus, um unsere Luftfahrtindustrie zu retten», sagte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire.
In den kommenden Monaten seien 100.000 Arbeitsplätze in Gefahr. «100.000 Arbeitsplätze, die verschwinden könnten, wenn wir jetzt nicht handeln», warnte der Minister. An den Hilfen für die gebeutelte Industrie hängen auch ehrgeizige Pläne für umweltfreundlichere Flugzeuge.
Nach 8 Milliarden Euro für die Autoindustrie und 18 Milliarden für die Tourismusbranche ist in Frankreich nun die Luftfahrt an der Reihe. «Sie ist ein Nationalstolz und einer der grössten industriellen Erfolge unserer Nation im 20. Jahrhundert», so der Minister.
In den vergangenen Jahrzehnten sei sie kontinuierlich gewachsen, die Auftragsbücher von Airbus seien gefüllt gewesen. Allein bei dem Luft- und Raumfahrtkonzern mit Schaltzentrale in Toulouse arbeiten rund 48.000 Menschen. In der ganzen Branche gehe es um 300.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze, so der Minister.
«Die Krise hat dieses Wachstum abrupt zum Stillstand gebracht», sagte Le Maire. Es werde erwartet, dass der Luftverkehr erst in zwei oder drei Jahren wieder das Niveau vom Dezember 2019 erreicht. «Wir müssen unsere Luftfahrtindustrie retten.»
In dem 15-Milliarden-Euro-Plan stecken bereits angekündigte sieben Milliarden Euro Kredithilfen für Air France. Die Regierung hat ausserdem beschlossen, den Fluggesellschaften ein zwölfmonatiges Moratorium für die Rückzahlung ihrer Exportkredite gewähren. Das schlägt mit 1,5 Milliarden Euro zu Buche.
In den kommenden drei Jahren sollen ausserdem 1,5 Milliarden Euro für die Forschung und Entwicklung in umweltfreundliche Technologien investiert werden. Das Ziel sei ein CO2-neutrales Flugzeug bis 2035. Man werde die nächsten Generationen von Verkehrsflugzeugen, Hubschraubern und Geschäftsflugzeugen entwickeln, so Le Maire.
Sie seien mit neuen Antriebssystemen ausgestattet und würden weniger CO2 ausstossen. «Was auf dem Spiel steht, ist Europas Platz in der Weltindustrie im kommenden Jahrhundert», warnte der Minister. Man werde nicht zulassen, dass der weltweite Luftfahrt-Markt zwischen China und den USA aufgeteilt werde, Frankreich und Europa würden dort ihren Platz behalten.
Es sei das erste Mal, dass Industriegiganten wie Airbus, Safran, Dassault Aviation und Thalès sich darauf geeinigt hätten, Gelder zusammenzulegen, um die französische Industriestruktur zu stützen. Ausserdem sollen kleine und mittlere Luftfahrtunternehmen modernisiert werden, um wettbewerbsfähiger zu sein. Man hinke bei der Digitalisierung hinterher und wolle nicht hinter Deutschland oder Italien zurückfallen.
Airbus-Chef Guillaume Faury hatte zuvor angesichts der Corona-Krise von einer existenziellen Bedrohung für die Branche gesprochen. Der Konzern begrüsste nun den Milliarden-Plan. «Dies ist ein wichtiger Meilenstein sowohl für unser Geschäft mit Verkehrsflugzeugen (...) als auch für unsere Verteidigungsgeschäfte, die die nationale Souveränität schützen», erklärte Faury laut Mitteilung. Der Plan werde helfen, die kurzfristigen Auswirkungen der Krise abzuschwächen. Airbus werde seine führende Rolle bei der Mission fortsetzen, bis 2035 das erste emissionsfreie Verkehrsflugzeug vorzustellen.
Ein grosses Thema ist auch die Lage der Zulieferer. Der französische Branchenverband Gifas spricht von 400 Zulieferern, die von der Krise betroffen seien. «Dieser Plan ist ehrgeizig und historisch», reagierte Éric Trappier, Chef von Dassault Aviation und Vorsitzender des Verbandes, auf die Ankündigung der Regierung. «Der heute angekündigte Plan ist ein Gründungsakt des industriellen Frankreichs nach der Krise, das sich seine Zukunft zurückerobert.»