«Schande für Europa»: Balkan-Staaten toben nach Ukraine-EU-Entscheid
Im Gegensatz zur Ukraine müssen die Balkan-Länder weiterhin auf Fortschritte in Sachen EU-Beitritt warten. Albanien & Co. sind fassungslos.
Das Wichtigste in Kürze
- Albanien bezeichnet das EU-Treffen zum Ukraine-Beitritt als «Schande für Europa».
- Grund: Brüssel führt immer noch keine Beitrittsverhandlungen mit den Balkan-Staaten.
- Die Blockade zeige die «Impotenz» der Europäischen Union, so Tirana.
Die Ukraine und Moldawien durften gestern Donnerstag jubeln. Beide haben den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten. Doch es gibt auch Verlierer: Für die Balkan-Länder geht es weiterhin nicht vorwärts – sehr zu deren Ärger.
So fand der albanische Ministerpräsident Edi Rama am Rande des Treffens in Brüssel klare Worte. «Was für eine Schande für Europa», sagte der Mann aus der Hauptstadt Tirana. Und weiter: «Ich habe Mitleid mit der EU.»
Ramas Kritik geht insbesondere an die Adresse von Bulgarien. Das Land hat den Beginn der Beitrittsgespräche von Albanien und Nordmazedonien bisher blockiert. Rama spricht von einer «Geiselnahme» und von einer «Impotenz» der übrigen EU-Mitgliedsstaaten.
Nordmazedonien: «Grosser Verlust der Glaubwürdigkeit»
Auch Dimitar Kovacevski, Ministerpräsident von Nordmazedonien, zeigte sich in Belgiens Hauptstadt enttäuscht. Er drückte sich jedoch etwas zurückhaltender aus: «Was hier passiert, ist ein ernstes Problem und ein grosser Verlust der Glaubwürdigkeit der Europäischen Union.»
Am Freitag hat Bulgarien nun sein Veto gegen Albanien und Nordmazedonien doch noch aufgehoben. Das Parlament hat einem entsprechenden Beschluss zugestimmt. Versuche, die Blockade vor dem EU-Treffen am Donnerstag zu lösen, blieben zuvor erfolglos.
Serbien verhandelt derweil schon seit 2014 über einen EU-Beitritt. Dennoch kommt Belgrad der Union ebenfalls kaum näher. Das Fazit von Präsident Aleksandar Vucic gegenüber den Medien in Brüssel: «Wir respektieren uns selbst mehr, als dies andere tun.»
Albanien will weiter an EU-Mitgliedschaft arbeiten
Aufgeben kommt für die Balkan-Länder indes nicht infrage. Edi Rama gibt sich auf Twitter zumindest kämpferisch: «Wir werden weitermachen und noch härter arbeiten, um aus Albanien ein gutes EU-Mitglied zu machen.»
Nice place nice people nice words nice pictures and just imagine how much nicer could be if nice promises were followed by nice delivery... But we Albanians are not as nice as to give up nicely! So we will keep going and working even harder to make Albania a nice EU member😀🇦🇱 pic.twitter.com/j057Ywf2tY
— Edi Rama (@ediramaal) June 23, 2022
Am Donnerstag sind die Ukraine und Moldawien Beitrittskandidaten der Europäischen Union geworden. Der EU wird deshalb nun vorgeworfen, die Balkan-Länder aufgrund des Kriegs in der Ukraine zu vernachlässigen.
Nordmazedonien ist seit 17 Jahren, Albanien seit acht Jahren EU-Beitrittskandidat. Auf den Start der Verhandlungen warten die beiden Staaten bisher vergeblich. Der Kosovo sowie Bosnien-Herzegowina haben noch nicht einmal den Kandidatenstatus.