Ukraine Krieg: Es gab «einen Löffel Haferflocken und Wasser pro Tag»
Im Ukraine-Krieg wurden bereits Tausende Soldaten gefangengenommen. Ukrainische Streitkräfte erzählen nun, unter welchen Bedingungen sie festgehalten wurden.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwei Ukrainer packen über ihre Zeit als Kriegsgefangene aus.
- Den Aussagen nach wenden russische Streitkräfte viel Gewalt und unmenschliche Methoden an.
- Beide Soldaten kamen im April im Rahmen eines Gefangenentausches frei.
Seit dem Start des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurden Tausende Soldaten festgenommen. Wie viele es auf beiden Seiten tatsächlich sind, bleibt unbekannt. Russland meldete Ende Juni über 6000 gefangene Ukrainer im Ukraine-Krieg. Unabhängig prüfen lässt sich diese Angabe aber nicht.
Zwischen Russland und der Ukraine kommt es zwischendurch zu Gefangenenübergaben. Vergangene Woche wurden beispielsweise 144 ukrainische Soldaten befreit.
Zwei, die bereits im April wieder in die Freiheit kamen, sprechen nun über die Zustände in russischer Gefangenschaft.
Ukraine-Krieg: Kriegsgefangene werden geschlagen
Der 20-jährige Mykhaylo wurde im Ukraine-Krieg in den ersten Tagen auf dem Flughafen Hostomel nahe Kiew gefangengenommen. Der junge Mann hatte seine militärische Ausbildung zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht abgeschlossen. «Jeder wurde geschlagen», sagt er gegenüber «NBC News».
Über Belarus wurde Mykhaylo nach Russland gebracht. Das Essen sei nach seiner Gefangennahme «knapp» gewesen.
Als Grund gaben die Russen an, dass es «auch ihnen an Vorrat fehlte». So gab es für Mykhaylo nur einen Löffel Haferflocken und ein paar Esslöffel Wasser pro Tag.
Doch das war erst der Anfang. Jeden Morgen mussten die Gefangenen die russische Nationalhymne singen. Auch Gewalt war normal. «Sie nahmen uns unsere Uniformen weg, schlugen uns zusammen, steckten uns in Zellen und brachten uns zu Verhören.»
Mykhaylo zählt sich selbst zu den glücklicheren Gefangenen. Ein anderer sei eine Stunde lang ins Gesicht und gegen die Nieren geschlagen worden. «Wenn er schlief, stöhnte er die ganze Nacht.»
Viel Gewalt wurde dem 20-Jährigen zufolge vor allem denjenigen angetan, die ein Tattoo mit ukrainischem Symbol trugen.
Genügend Nahrung zum Überleben – mehr nicht
Ähnliche und doch sehr unterschiedliche Erfahrungen als Gefangener im Ukraine-Krieg machte Hlib Stryzhko. Der 25-Jährige wurde im April nach einem Panzerangriff in Mariupol schwer verletzt festgenommen.
Durch den Staub habe er nichts mehr sehen können, in der Folge fiel er drei Stockwerke zu Boden. Dort wurde er von Trümmern bedeckt. Hlib Stryzhko brach sich den Kiefer und die Hüfte.
Zwar konnten seine Kollegen ihn retten, doch hatte er nur unter russischem Gewahrsam Überlebenschancen. Jedoch sei ihm dort medizinische Pflege verwehrt worden, schildert der Ukrainer. Zu Essen habe es nur gerade so viel gegeben, um am Leben bleiben zu können.
«Meine Stationsnachbarn hatten Schrapnelle (Artilleriegranate, Anm. d. Red.) in ihren Körpern. Die Russen zogen sie nicht einmal heraus – sie verbanden nur ihre Wunden, und ihre Gliedmassen verrotteten weiter», sagt Stryzhko.
Aber der 25-Jährige überlebte und wurde via Krim und Militärlastwagen zurück in die Ukraine gebracht. «Der Fahrer kam, klopfte mir auf die Brust und sagte: ‹Entspannt euch, ihr seid in der Ukraine›. In diesem Moment fing ich an zu weinen. Ich war sehr glücklich», erzählt der Ukrainer.