Ukraine-Krieg – Experte: Kiew-Attacke ist Vergeltung für Krim-Brücke
Der Ukraine-Krieg eskaliert heute ein weiteres Mal. In der Hauptstadt Kiew schlagen Russen-Bomben ein. Es dürfte sich um eine Vergeltungs-Tat Putins handeln.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Stadtzentrum von Kiew ist es heute Morgen zu mehreren grösseren Explosionen gekommen.
- Experten vermuten dahinter einen Vergeltungsschlag des Kremls.
- Auf der Krim erlitt Putin zuletzt einen «Prestigeverlust».
Zum ersten Mal seit Monaten hat es im Ukraine-Krieg heute Morgen wieder Bomben auf Kiew gehagelt. Im Zentrum der Hauptstadt ist es zu schweren Explosionen gekommen. Wolodymyr Selenskyj bestätigt, dass es mehrere Tote und Verletzte gegeben hat.
«Es ist wahrscheinlich, dass es sich hier um Vergeltungsaktionen für den Anschlag auf die Krim-Brücke handelt.» Das sagt Russland-Experte Ulrich Schmid von der Universität St.Gallen zu Nau.ch.
Revanche-Aktionen wurden bereits im Vorfeld vom russischen Sicherheitsrat angedroht.
Tschetschenische Selbstmord-Attentäter verantwortlich?
Dass sich Putin rächen will, glaubt auch Strategie- und Sicherheitsexperte Albert Stahel von der ETH Zürich. Er vermutet, dass der Anschlag innerhalb von Russland vorbereitet worden ist. Von dort sei auch der Lastwagen gekommen, der auf den Aufnahmen zu sehen ist.
«Ich tippe auf einen Selbstmörder, denn die Sprengung ist erfolgt, als auf dem Schienenstrang ein Tankerzug vorbeifuhr.» Stahel kann sich zum Beispiel tschetschenische Partisanen vorstellen, die mit der Ukraine zusammenwirken. «Selbstmörder wurden in der Vergangenheit durch Tschetschenen immer wieder eingesetzt.»
Experte: «Prestigeverlust ist für Putin am schlimmsten»
Schmid glaubt, dass der Schaden für Putin nicht nur materiell ist: «Am schlimmsten ist für ihn der Prestigeverlust. Die Krimbrücke ist das Symbol der erfolgreichen Annexion.»
Die Brücke verbindet die Krim-Halbinsel mit dem russischen Festland und wurde 2018 vom Präsidenten persönlich eingeweiht. Für den Kreml symbolisiert sie das Bindeglied der annektierten Region zu Russland.
Die Brücke war aber auch im Ukraine-Krieg eine zentrale Route für die Versorgung an der russischen Front, betonen beide. «Der Nachschub aus Russland in die besetzten Gebiete im Süden dürfte erschwert sein», sagt Stahel.
Ukraine-Krieg: Keine nukleare Reaktion absehbar
Die Ukraine selbst hat sich bislang nicht zur Sprengung der Krim-Brücke bekennt. Genauso wenig gab es aber Dementi, hält Schmid dagegen. «Die Professionalität des Vorgehens könnte darauf hinweisen, dass in der Tat der ukrainische Geheimdienst hinter der Aktion steckt.»
Auch Stahel glaubt nicht, dass der Kreml Zweifel an der Identität der Urheber des Anschlags hat. «Nur schon deshalb werden sie sich auf konventionelle Bombenabwürfe auf Kiew beschränken. Und jeden nuklearen Einsatz vermeiden», prognostiziert er.
Denn der Kreml wisse, dass auch die USA über die Drahtzieher im Bilde sind. «Das Anprangern der Ukrainer dient der Ablenkung gegenüber Kadyrow (Putins Bluthund, Anmerkung der Redaktion) und Co. Die innenpolitische Lage von Russland ist als instabil zu beurteilen.»