Ukraine-Krieg: «In ganz Polen fürchtet man Ausweitung des Krieges»
Der Einschlag einer Rakete aus dem Ukraine-Krieg in Polen wird wohl an dessen Unterstützung für Kiew nichts ändern. Aber seine antirussische Haltung stärken.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Rakete aus dem Ukraine-Krieg tötete im polnischen Grenzgebiet zwei Menschen.
- Dies dürfte laut einem Experten die antirussische Haltung in dem Land verstärken.
- Zudem machen sich viele Einwohner grosse Sorgen, dass sich der Krieg nach Polen ausweitet.
Am Dienstagabend schlug im polnischen Dorf Przewodów nahe der Grenze zur Ukraine eine Rakete ein und tötete zwei Menschen.
«Es gab zwei laute zischende Geräusche», erzählen Augenzeugen der polnischen Zeitung «Fakt». Der Einschlag auf einem landwirtschaftlichen Betrieb zerstörte bei umliegenden Wohnblöcken und Autos die Fensterscheiben.
Zunächst war die Rede von einer verirrten Rakete der Russen, nachdem diese die Ukraine am Dienstag heftig bombardiert hatten. Inzwischen gibt es aber Hinweise darauf, dass es sich möglicherweise um eine ukrainische Flugabwehrrakete handelte.
Der Einschlag auf Nato-Gebiet sorgt aber so oder so für hohe Wellen. Denn: Auch wenn die Rakete aus der Ukraine abgefeuert wurde, machen Polen und die Nato Russland dafür verantwortlich.
Experte: «Bestärkt antirussische Haltung»
«Der Raketeneinschlag wird die antirussische Haltung in Polen weiter bestärken», sagt auch Russland-Experte Ulrich Schmid. Schon zuvor habe Polen zu den schärfsten Gegnern Russlands gehört und die Ukraine im Ukraine-Krieg bedingungslos unterstützt. «An dieser Unterstützung wird sich nichts ändern», so der Professor der Universität St. Gallen.
Bevölkerung macht sich grosse Sorgen
Bei der Bevölkerung habe der Raketeneinschlag aber Angst ausgelöst. «In ganz Polen ist man sehr besorgt und fürchtet eine Ausweitung des Krieges», so Schmid.
Gegenüber «Fakt» gibt auch Augenzeuge Stanislaw Ivanejko aus Przewodów zu: Der Vorfall habe das Sicherheitsgefühl in der Region erschüttert. Ivanejko kannte die beiden über 60-jährigen Männer, die bei der Explosion getötet wurden. «Ich bin mit einem von ihnen in die Schule gegangen», erzählt er.
Ukraine-Krieg: Nato-Reaktion gespannt erwartet
Die Nato- und G7-Staaten haben wegen des Vorfalls für Mittwochmorgen eine Krisensitzung einberufen. Obwohl die Nato laut Ulrich Schmid kaum direkt in den Ukraine-Krieg eingreifen wird, könnte der Raketeneinschlag weitreichende Konsequenzen haben.
Sicherheitsexperte Albert Stahel meint: «Ich könnte mir vorstellen, dass die Nato die Ukraine erst jetzt richtig mit den notwendigen Waffen versehen wird.» Es sei gar möglich, dass die Nato-Verbündeten nun stärker Druck auf Deutschland wegen Waffenlieferungen ausüben könnten. «Nur wenn die russischen Streitkräfte aus der Ukraine vertrieben werden, kann in Europa wieder ein Normalzustand hergestellt werden», so Stahel.