Ukraine-Krieg: Kiew warnt vor Atomunfall «wie Tschernobyl»
Das grösste Kernkraftwerk Europas wurde im Ukraine-Krieg bereits mehrfach beschossen. Das könnte zu einem beispiellosen Atomunfall führen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das grösste Kernkraftwerk Europas wurde im Rahmen von Kampfhandlungen mehrfach beschossen.
- Laut dem Botschafter bei der IAEA hätte eine Kernschmelze verheerende Konsequenzen.
- Saporischschja sei besser geschützt als die AKWs in Fukushima oder Tschernobyl.
- Einem gezielten militärischen Angriff könne die Anlage dennoch nicht standhalten.
Ein Unfall im ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja im Zuge von Kampfhandlungen im Ukraine-Krieg könnte zu einem beispiellosen Atomunfall führen. «Was dann im Radius von 40 oder 50 Kilometern passieren würde, wäre mit Tschernobyl und Fukushima absolut nicht vergleichbar». Das sagte Kiews Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Jewhenij Zymbaljuk, am Montag in Wien. Nicht nur die Ukraine, sondern ganz Europa werde schwere Konsequenzen zu tragen haben.
«Die Welt sollte Tschernobyl nicht vergessen und sich daran erinnern, dass das Atomkraftwerk Saporischschja das grösste in Europa ist.» Dies sagte der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj am Montag. «Die Tschernobyl-Katastrophe war die Explosion eines Reaktors. Saporischschja hat sechs Reaktoren.»
Saporischschja ist das grösste Kernkraftwerk Europas. Die von russischen Verbänden besetzte Anlage wurde in den vergangenen Tagen mehrfach beschossen. Kiew und Moskau geben sich beiderseitig die Schuld. Es trat keine Radioaktivität aus.
Im Ukraine-Krieg ist es bereits zu massiven Zerstörungen in und um das Kraftwerk gekommen, es gebe «hunderte Krater». Die ukrainischen Techniker im AKW würden weiter arbeiten, seien aber «Folter und Repressalien» ausgesetzt, so der Botschafter. Moskau wolle im Ukraine-Krieg die Energieversorgung im Land zerstören sowie die Elektrizität nach Russland umleiten und damit stehlen.
Saporischschja besser geschützt als Fukushima und Tschernobyl
Im ukrainischen AKW Tschernobyl kam es 1986 zu einer verheerenden Kernschmelze. 2011 lösten ein Erdbeben und ein Tsunami eine weitere Atomkatastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi aus. Laut Nuklear-Experten ist Saporischschja durch einen getrennten Kühlkreislauf und eine besondere Schutzschicht besser geschützt als die zwei Unfall-AKW. Einem gezielten militärischen Angriff würde Saporischschja jedoch wohl nicht standhalten.
Zymbaljuk forderte einerseits die erneute Entsendung von Experten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nach Saporischschja. Darüber hinaus regte er auch an, unbewaffnete internationale Militärbeobachter dorthin zu schicken. Jedenfalls sollte die IAEA bis Ende des Monats vor Ort sein, sagte er. Laut IAEA wäre für ihren Einsatz die Unterstützung Moskaus und Kiews notwendig.