Ukraine-Krieg: «Nur die Armen sind an der Front»
Ein Wehrdienstverweigerer klagt an, dass nur Arme im Ukraine-Krieg an der Front kämpfen müssten. Reiche seien geflohen oder würden sich freikaufen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Ukrainer will nicht in den Krieg ziehen und versteckte sich vor Rekrutierern.
- Nur Arme müssten an die Front, klagt er an, Reiche würden sich freikaufen.
- Wegen Korruption wurden alle Leiter der Rekrutierungszentren entlassen.
Russland wird immer wieder kritisiert, nur arme Männer in den Ukraine-Krieg zu schicken. Doch nun gibt es diese Vorwürfe auch aus dem angegriffenen Land. Erhoben werden sie von einem anonymen Wehrdienstverweigerer, der mit «n-tv» gesprochen hat.
Viktor, wie der Mann genannt wird, will nicht kämpfen. Einer der Gründe ist die Angst: «An der Front kann man definitiv sterben», sagt er. Zudem habe er nie gedient, nie eine Ausbildung an der Waffe erhalten.
Dennoch scheint die ukrainische Militärführung ihn in der Armee haben zu wollen: Rekrutierer seien bei seinem Arbeitsplatz aufgetaucht. Er habe befürchtet, dass sie ihm den Einberufungsbefehl gäbe oder ihn gleich mitnähmen. Deshalb sei der geflohen, habe sich vor ihnen versteckt und eingeschlossen. Seither hat er ein mulmiges Gefühl, wenn er zur Arbeit geht.
Viktor klagt auch an: «Nur die armen Ukrainer sind an der Front.» Die reichen seien geflohen oder würden sich freikaufen.
Ukraine-Krieg: Korruptionsskandal in Rekrutierungszentren
Dass sich viele Ukrainer mit Geld vom Wehrdienst im Ukraine-Krieg befreien, ist eine Tatsache. Ein Korruptionsskandal hatte kürzlich die Rekrutierungszentren erschüttert. Mit Schmiergeldzahlungen haben sich viele Männer ausmustern oder vom Militärdienst befreien lassen.
Präsident Selenskyj entliess deswegen alle Leiter der regionalen Rekrutierungszentren. Er sprach sich auch dafür aus, Korruption mit Landesverrat gleichzusetzen – zur Abschreckung.
Doch nicht alle Ukrainer denken wie Viktor: Dmytro beispielsweise trat erst kürzlich der Führungsakademie des Militärs bei. Der erst 17-Jährige begründet dies damit, dass er dienen wolle. «Denn wenn wir unser Land nicht beschützen, wird es niemand tun.»
Zu Wehrdienstverweigerern wie Viktor hat Dmytro eine klare Meinung: «Wer wegrennt und keine Leidenschaft für die Ukraine empfindet, verdient es nicht, in unserem Land zu leben.»