Ukraine Krieg: Ukrainer erzählt über seine Tage als Gefangener

Nicola Wittwer
Nicola Wittwer

Ukraine,

Petro Titenko war im Ukraine-Krieg drei Tage lang in russischer Gefangenschaft. Der Ukrainer erlebte dabei Gräueltaten und Folter.

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Eine zerstörte russische Kolonne auf einer Strasse bei Kiew. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Petro Titenko war im März drei Tage lang in russischer Gefangenschaft.
  • Der Ukrainer erlebte Folter und Erniedrigungen und wirft den Russen Hinrichtungen vor.
  • Nach seiner Freilassung konnte der 45-jährige Vater mit seiner Familie flüchten.

Als der Ukraine-Krieg zwei Tage alt war, musste Petro Titenko sein Zuhause verlassen. Der Ukrainer aus dem Kiewer Vorort Borodjanka flüchtete mit Frau und Kindern in das nahegelegene Dorf Druzhnya. Seinem ursprünglichen Zuhause wurde von einer Bombe das Dach weggeblasen.

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Nach drei Wochen Verstecken im Keller wollte Titenko während der Sperrstunde nach seinem Bruder sehen. Der Ukrainer kam jedoch nicht weit. Unterwegs wurde er von russischen Soldaten festgenommen.

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Ein Ende des Konflikts ist nicht in Sicht. - Keystone

Was der 45-Jährige in der Folge als Gefangener im Ukraine-Krieg erlebte, ist an Schrecken kaum zu überbieten. Im Interview mit dem «Guardian» packt Titenko über drei Tage in russischer Gefangenschaft aus.

Ukraine-Krieg: Gefangener musste Panzerabgase einatmen

Die drei Soldaten beschuldigten Titenko in jener Nacht, der ukrainischen Armee russische Standorte preiszugeben. Sie banden seine Hände zusammen und zogen einen Sack über seinen Kopf.

Anschliessend wurde Titenko an die Rückseite eines Panzers gebunden. Nachdem die Soldaten den Motor angeschaltet hatten, musste Titenko 30 Minuten lang Panzerabgase einatmen. Die folgende Nacht verbrachte er draussen in der Kälte.

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In der Stadt Butscha fanden die Soldaten im Ukraine-Krieg an den Händen gefesselte Leichen auf der Strasse. - Keystone

Am nächsten Morgen wurde der 45-Jährige mit einem weiteren Gefangenen auf einem Panzer wegtransportiert. Dabei hat er einen Soldaten schreckliche Dinge über Gefangene sagen hören: «Ich habe genug davon, sie im Boden zu vergraben», sagte dieser.

Unterwegs wurde Titenko in eine Grube geschubst. Ein Soldat mit tschetschenischem Akzent habe ihn gefragt, ob er noch letzte Worte zu sagen habe. Als er dessen Maschinengewehr hat laden hören, war sich Titenko «sicher, dass ich erschossen und vergraben werde».

Geschlagen und ausgezogen

Der Gefangene wurde aber am Leben gelassen und an einen anderen Ort gebracht. Dort befragten ihn die Russen – gefesselt und mit Sack über dem Kopf – die Nacht hindurch.

«Sie wollten wissen, ob ich ein Spion für die ukrainische Armee bin. Sie nahmen alle meine Dokumente mit, den Reisepass, die Fahrzeugpapiere, den Führerschein», schildert Titenko dem «Guardian».

Nach einem weiteren Transport wurde er schliesslich zu anderen Gefangenen gebracht. «Einige waren am Schreien, andere waren am Weinen», beschreibt Petro Titenko den Ort. «Ich wurde 15 bis 20 Minuten lang geschlagen. Dann schoss ein Maschinengewehr über meinen Kopf und gegen meine Füsse.»

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In der ukrainischen Stadt Butscha, 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew, bietet sich nach dem Rückzug der russischen Armee ein Bild des Grauens. - DPA

Im Anschluss musste er seine Kleider ausziehen. «Wir suchen ukrainische Tattoos an deinem Körper», sagte ein Soldat. «Wenn wir sie finden, werden sie zusammen mit der Haut entfernen.» Er sei ein Nazi, wurde zudem behauptet.

Ein anderer Gefangener wurde bei einer Durchsuchung nach draussen gebracht, erinnert sich Titenko. «Ich habe ihn nie wieder gesehen.»

Über Russen-Checkpoints nach Hause

Am nächsten Morgen wurden sie mit einem Fahrzeug weggefahren und unterwegs freigelassen – rund 30 Kilometer von Titenkos Zuhause entfernt. Der Ukrainer begann, loszumarschieren. Dabei musste er unterwegs russische Checkpoints passieren.

An einem Punkt sagte ihm ein russischer Soldat, «ich müsse auf meine Knie gehen und den Kopf senken». Damit war es ihm nicht möglich, das russische Militärequipment sehen zu können. Sollte er es nicht tun, würde ihm «in den Kopf geschossen». Auf seinem Weg zurück musste er dies ungefähr 25 weitere Male machen.

Schliesslich konnte Petro Titenko wieder zu seiner Familie stossen. Sie verliessen die Gegend im Anschluss Richtung Westen.

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