Ukraine-Krieg: Warum ist Russland plötzlich zu Gesprächen bereit?
Die Ukrainer setzen im Süden zur Gegenoffensive an, Russland stellt Gespräche mit Kiew in Aussicht. Ein Experte ordnet die Geschehnisse im Ukraine-Krieg ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Laut Aussenminister Sergej Lawrow ist Russland zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit.
- Zuletzt mussten die russischen Truppen schmerzhafte Verluste einstecken.
- Politologe Albert Stahel erklärt das plötzliche Gesprächs-Angebot des Kremls.
Seit Monaten herrscht im Ukraine-Krieg Funkstille. Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau sind ausgesetzt. Ändert sich das nun?
Am Sonntag tritt Russlands Aussenminister Sergej Lawrow vor die Medien. Er sagt: «Russland lehnt Verhandlungen mit der Ukraine nicht ab.» Und stellt damit Gespräche in Aussicht.
Zuletzt haben ukrainische Streitkräfte im Osten und Süden des Landes erfolgreich eine Gegenoffensive gestartet. Die Russen mussten territoriale und personelle Verluste hinnehmen.
Sergej Lawrow betont am Sonntag: «Je länger der Prozess hinausgezögert wird, desto schwerer wird es, sich zu einigen.» Er drängt also auf baldige Verhandlungen.
Ukraine-Krieg: Experte fordert Nato und USA zum Handeln auf
Es stellt sich die Frage: Warum ist Russland plötzlich bereit, sich mit der ukrainischen Führung auszutauschen? Nau.ch hat bei Strategie- und Sicherheitsexperte Albert Stahel nachgefragt.
Der Politologe vermutet einen strategischen Schachzug von Präsident Wladimir Putin. «Meine Hypothese ist, dass Russland mit diesem Angebot Zeit gewinnen will.»
Einerseits gehe es um die Wiederherstellung der Kampfbereitschaft der russischen Streitkräfte, so Stahel. «Anderseits um die Bestimmung einer neuen Militärstrategie.»
Ukraine-Präsident Selenskyj will keine Gespräche
Die Zeit der Verhandlungen biete auch der Nato und den USA eine grosse Chance, stellt Stahel klar. «Sie sollen die ukrainischen Streitkräfte endlich zu einer modernen Armee mit westlichen Kampfflugzeugen und Kampfpanzern ausrüsten.»
Ob Gespräche zwischen Kiew und Moskau zustande kommen, scheint unklar. Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj sagt im Interview mit «CNN»: «Es ist mein Prinzip, nicht mit jemandem zu sprechen, der ein Ultimatum stellt.» Aktuell seien Verhandlungen nicht möglich, auf russischer Seite gebe es «keine Bereitschaft, konstruktiv zu sein».
Eine Einigung im Ukraine-Krieg scheint daher weit entfernt. Das sieht auch Albert Stahel so. «Ich sehe vorderhand – ausser, Putin wird gestürzt – kein Ende des Krieges», sagt der Experte.