Ukrainischer Ministerpräsident warnt vor Flüchtlingskrise im Winter
Russische Truppen greifen in der Ukraine derzeit gezielt die Energie-Infrastruktur an. Im Winter droht nun eine Flüchtlingskrise, warnt der Ministerpräsident.
Das Wichtigste in Kürze
- Der ukrainische Ministerpräsident Schmyhal warnt vor einer «Migrationstsunami».
- Russland beschädigt derzeit gezielt die Energie-Infrastruktur des Landes.
- Sollte es kein Strom und Wasser mehr geben, werden viele das Land verlassen.
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hat angesichts der jüngsten russischen Luftangriffe auf sein Land vor einer grossen Zahl weiterer Flüchtlinge gewarnt. «Wenn es in der Ukraine keinen Strom, keine Heizung, kein Wasser mehr gibt, kann das einen neuen Migrationstsunami auslösen», sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.). Schmyhal warf Russland vor, es wolle die Ukraine durch Angriffe auf ihre zivile Infrastruktur «in eine humanitäre Katastrophe stürzen». Der Ukraine solle ein kalter Winter beschert werden, in dem viele Menschen erfrieren könnten.
Angesichts dessen bat er um «mobile Ausrüstung zur Erzeugung von Strom und Wärme» sowie um Anlagen zur Wasseraufbereitung. Treibstoff für die Generatoren sei «im Augenblick» noch genug da, «aber wenn grossräumig Strom und Heizung ausfallen, brauchen wir mehr». Dann brauche sein Land auch «Stromimporte» aus dem Westen. Zudem bat der Ministerpräsident Deutschland um rasche weitere Militärhilfe.
Die Ukraine warte «ungeduldig» auf neue Munition, die man «jetzt schon» brauche, sagte Schmyhal. «Es geht buchstäblich um Tage.» Auch Störsender seien nötig, um die täglich «zwanzig bis dreissig iranischen Kamikaze-Drohnen» abzuwehren, die Russland gegen die Ukraine einsetze. Schmyhal lobte das neu gelieferte deutsche Flugabwehr-Raketensystem Iris-T. Es sei mittlerweile im Einsatz und habe «schon sehr, sehr viele Menschenleben gerettet».
Russische Vermögen für Wiederaufbau
Für den Wiederaufbau möchte Schmyhal das im Ausland eingefrorene russische Vermögen verwenden. Er sagte, die Schäden durch Russlands Angriff betrügen im Augenblick «mehr als 750 Milliarden» Dollar. Zugleich gebe es eingefrorene russische Aktiva im Wert von 300 bis 500 Milliarden Dollar. «Wir sollten einen Mechanismus zur Beschlagnahme russischer Vermögenswerte entwickeln,» sagte er.
Am Montag wird Schmyhal mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein deutsch-ukrainisches Wirtschaftsforum in Berlin eröffnen, an dem Spitzenvertretern beider Länder über den Wiederaufbau der Ukraine beraten wollen. Aus der Ukraine werden mehrere Minister nach Berlin reisen oder online zugeschaltet, wie die Veranstalter bekanntgaben.