Von der Leyen für zweite Amtszeit nominiert
Ursula von der Leyen wurde für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin nominiert. Dies wurde am EU-Gipfel beschlossen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ursula von der Leyen wurde für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin nominiert.
- Ihr Mitte-Rechts-Bündnis EVP erzielte bei der Europawahl das deutlich beste Ergebnis.
- Nun muss sie noch im Europaparlament eine Mehrheit der Stimmen erhalten.
Der Europäische Rat hat die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission nominiert. Das Gremium der Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten beschloss zudem, dass der frühere portugiesische Regierungschef António Costa nächster Präsident des Europäischen Rates wird und die estnische Regierungschefin Kaja Kallas zur neuen EU-Aussenbeauftragten ernannt werden soll. Das teilten mehrere Delegationen am Donnerstag in Brüssel am Rande eines EU-Gipfels mit.
Dank einer Einigung der grossen europäischen Parteienfamilien Mitte der Woche war es schon vor Gipfelbeginn so gut wie sicher gewesen, dass die Spitzenposten an von der Leyen, den Sozialdemokraten Costa und die Liberale Kallas vergeben werden.
Die Präsidentschaft der EU-Kommission gilt als die mit Abstand wichtigste Position, die nach der Europawahl neu zu besetzen ist. Dem Amtsinhaber beziehungsweise der Amtsinhaberin sind rund 32'000 Mitarbeiter unterstellt, die unter anderem Vorschläge für neue EU-Gesetze machen und die Wahrung der Europäischen Verträge überwachen. Zudem sitzt die Kommissionspräsidentin bei fast allen grossen internationalen Gipfeltreffen wie G7 oder G20 als EU-Repräsentantin mit am Tisch.
Europawahl-Ergebnis war Verhandlungsbasis
Grundlage des Personalpakets ist das Ergebnis der Europawahl vor knapp drei Wochen. Bei ihr erzielte das Mitte-Rechts-Bündnis EVP mit der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen als Spitzenkandidatin das mit Abstand beste Ergebnis. Sie will nun im Parlament mit der zweitplatzierten Parteienfamilie der Sozialdemokraten (S&D) und den Liberalen (Renew) eine informelle Koalition bilden.
Für die EVP – zu der auch CDU und CSU gehören – verhandelten federführend der polnische Ministerpräsident Donald Tusk und der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis, für die Sozialdemokraten Bundeskanzler Olaf Scholz und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez. Die Liberalen setzten auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und den scheidenden niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte als Verhandlungsführer.
Italiens Regierungschefin erbost über Prozess
Erbost über den Prozess zeigte sich unter anderem die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Sie kritisierte, dass sie trotz des guten Ergebnisses ihrer Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) bei der Europawahl nicht direkt an den Gesprächen über das Personalpaket beteiligt wurde. Auch Ungarns Regierungschef Viktor Orban wetterte gegen das Verfahren.
Die Zustimmung der beiden wurde aber auch nicht benötigt, da keine Einstimmigkeit erforderlich war. Es mussten lediglich mindestens 20 EU-Staaten zustimmen, die gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten.
Beim Gipfel am Donnerstag versuchten mehrere Regierungschefs, die Wogen zu glätten und erklären, dass es nicht darum gegangen sei, jemanden auszugrenzen. Der polnische Regierungschef Donald Tusk sagte etwa: «Es gibt kein Europa ohne Italien, und es gibt keine Entscheidung ohne Ministerpräsidentin Meloni. Das ist für mich ganz klar.»
Von der Leyen braucht noch Mehrheit im Parlament
Damit Ursula von der Leyen eine zweite Amtszeit antreten kann, muss sie nun noch eine Mehrheit des Parlaments hinter sich bringen. Das informelle Bündnis aus EVP, Sozialdemokraten und Liberalen hat theoretisch eine komfortable Mehrheit von etwa 400 der 720 Stimmen. Es wird aber für möglich gehalten, dass eine gewisse Zahl von Abgeordneten in der geheimen Wahl von der Fraktionslinie abweicht und der Deutschen nicht ihre Stimme gibt.
Deswegen bemüht sich von der Leyen derzeit auch noch um Stimmen von Abgeordneten anderer Parteien, insbesondere um die der Grünen. Vertreterinnen und Vertreter der Partei hatten jüngst immer wieder Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Die Abstimmung im Parlament in Strassburg könnte nach Angaben von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola bereits in der dritten Juli-Woche organisiert werden.