Netflix 3%: Wo Black Mirror auf The Hunger Games trifft
Die brasilianische Netflix-Produktion «3%» entwirft eine Welt, aufgeteilt in die auserwählten 3 Prozent – und alle anderen. Der einzige Ausweg ist der Prozess.
Das Wichtigste in Kürze
- Die brasilianische Netflix-Serie «3%» wurde von Pedro Aguilera kreiert.
- Staffel I erschien 2016, Staffel II 2018. Neu sind beide für Schweizer User zugänglich.
- «3%» erinnert an «Black Mirror» und «Hunger Games». Eine packende Dystopie.
Die Geschichte
Die Netflix-Serie «3%» ist süchtig machende Dystopie. Ein Land, das Brasilien sein könnte, versinkt im Siff der Zeit. Die Menschen tragen Fetzen am Leibe, Hunger im Bauch und einen einzigen Traum im Herzen: Die Insel.
Die Insel ist Utopia. Fortschritt, Intelligenz, Perfektion und kein Tropfen Kriminalität finden sich hier. Seit 104 Jahren entscheidet ein Selektionsverfahren, wer das Ufer der Insel erblickt. Der Prozess trennt jene, die Glück und Wohlstand verdienen, von allen anderen. Wer den Prozess besteht, kehrt niemals aufs Festland zurück. Er gehört zu den drei Prozent.
Allen anderen bleibt, den Traum für ihre Kinder weiter zu träumen. Denn jeder bekommt nur eine einzige Chance auf Glück. Die Tore zum Prozess öffnen sich allen 20-Jährigen. Kontrolliert werden Alter und Herfkunft via Chip hinterm Ohr. Ganz ähnlich den Chips, die wir unseren Hunden unter die Haut pflanzen, damit sie uns nicht davon laufen.
Und kaum mehr als Tiere, das sind die Menschen vom Festland. Jene unwürdigen 97 Prozent, die beim Prozess eliminiert worden sind.
Die erste Staffel legt los, der 104. Prozess beginnt, die Tore zur Selektion öffnen sich. In den Reihen der Hoffnungsvollen stehen auch Michele (Bianca Comparato), Joana (Vaneza Oliveira), Rafael (Rodolfo Valente) und Fernando (Michel Gomes). Hoffnungsvoll, lauernd und unbarmherzig folgt die Kamera ihnen Test für Test. Schaut zu, wie sie weiterkommen, Schritt für Schritt. Dem Glück entgegen, während ihre Mitstreiter eliminiert werden.
Manche kehren zu ihren Familien zurück, andere verschlingt der Prozess mit Haut und Haaren. Doch auf dem Festland regt sich Widerstand. Je näher die Kandidaten ihrem Ziel kommen, desto giftiger brodelt er.
Das Fazit
Brasilien ist die TV-Nation schlechthin. Telenovelas schauen ist Nationalsport. Mit den triefenden Romanzen hat die brasilianische Netflix-Produktion «3%» allerdings ganz und gar nichts am Hut. Viel mehr erinnert sie an «Black Mirror», wo Episode für Episode ein Entwurf einer mehr oder weniger nahen, hoch technisierten Zukunft dargeboten wird. Oder an den Buch- und Leinwand-Hit «Hunger Games», bei dem Teenager um Rum, Ehre und ihr Leben kämpfen – gegeneinander. Auch hier werden die ghettoisierten Aussenbezirken einer utopischen Hauptstadt gegenübergestellt.
Von Runde zu Runde werden die Charaktere aufgebaut, behutsam und vielschichtig. Gleichzeitig wird die Sehnsucht nach der Insel handfest. Ist es denn so falsch, sich sein Glück zu verdienen? Doch auch die Beklemmung wächst: Ist es richtig, für diese Glück über Leichen zu gehen? Sollte es nicht allen ein bisschen gut gehen, statt wenigen blendend?
Sehenswert weil
«3%» überzeugt mit starken Darstellern, fliessenden Dialogen, einer packenden Geschichte und einem Korb voller Gedanken, den man mit in den Alltag trägt. Wenn TV in Brasilien künftig so geht, muss man wohl bald eine Reise tun.