Alzheimer-Krankheit: Fälschungs-Skandal wirft Fragen auf
Die Forschung zur Alzheimer-Krankheit wird von einem Skandal erschüttert. Ein französischer Biochemiker hat mutmasslich jahrelang Studien gefälscht.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein französischer Biochemiker hat mutmasslich zahlreiche Alzheimer-Studien gefälscht.
- Der Skandal erschüttert die Alzheimer-Forschung und wirft Fragen auf.
- Könnte die Medikamente-Entwicklung aufgrund der Fälschungen fehlgeleitet sein?
Über mehrere Jahre hinweg soll der französische Alzheimer-Forscher Sylvain Lesné zahlreiche Studien zur Entstehung der Krankheit gefälscht haben. Das Fachmagazin «Science» machte den Fall in der vergangenen Woche publik und löste damit einen Skandal aus.
Zahlreiche Abbildungen gefälscht
Lesné hat offenbar Abbildungen manipuliert, um die Anwesenheit des Moleküls Abeta*56 im Gehirn von Alzheimer-Patientinnen und -Patienten zu beweisen. Dieses machte der Biochemiker, der an der University of Minnesota tätig ist, als eine der Ursachen der Alzheimer-Demenz fest. Gemäss dem «Science»-Bericht fanden gefälschte Abbildungen Eingang in über 20 seiner Publikationen.
Damit könnte er der Forschung zur Alzheimer-Krankheit nachhaltig geschadet haben: Wie die «NZZ» ausführt, sahen viele Experten Lesnés Arbeit als Beweis für die sogenannte Amyloid-Hypothese. Die These, die nahelegt, dass die Ablagerung des beta-Amyloid-Proteins eine der Hauptursachen von Alzheimer ist, galt jahrzehntelang als wahrscheinlichste Erklärung.
Forschung zur Alzheimer-Krankheit fehlgeleitet?
Dementsprechend erhielt die Amyloid-Hypothese am meisten Aufmerksamkeit und auch am meisten Forschungsgelder. Mit dem Lesné-Skandal stellt sich die Frage, ob diese ganze Forschungsarbeit von den gefälschten Abbildungen fehlgeleitet und gar vergebens war.
Tatsächlich kehrte in den letzten Jahren Ernüchterung ein: Die aufgrund der Amyloid-Hypothese entwickelten Substanzen zeigten in Versuchen an Alzheimer-Patientinnen und Patienten laut «NZZ» keinerlei Wirkung.
Entgegen dem «Science»-Magazin hält die «NZZ» den Einfluss der mutmasslich gefälschten Studien aber nicht für verantwortlich für die Fehlinvestitionen. Unter Berufung auf verschiedene Experten wird der Einfluss von Lesné relativiert. Die Medikamente-Entwicklung stützte sich nicht grundlegend auf die Arbeit des Franzosen.
Vertrauen beschädigt
Nach Einschätzung der «NZZ» könnte der Fälschungsskandal allerdings der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. Vor dem Hintergrund der erfolglosen Versuche dürfte der Fall das Vertrauen in die Amyloid-Hypothese erschüttern und allenfalls stark beschädigen.
Der Skandal könnte bewirken, dass andere Thesen zur Entstehung der Alzheimer-Krankheit mehr Aufmerksamkeit erhalten und die Forschungsgelder neu verteilt werden.