Grönland: Eis schmilzt und wird teilweise durch Vegetation ersetzt
Einst sah man auf Grönland nur Eis und Schnee, jetzt sind stattdessen Sträucher, Felsen und Feuchtgebiete zu sehen. Klima-Experten schlagen Alarm.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Eisschild auf Grönland ist in den vergangenen Jahren rekordverdächtig zurückgegangen.
- Zum Vorschein kommen Geröll, Feuchtgebiete, aber auch neue Vegetation.
- Ein gefährlicher Kreislauf ist in Gang gesetzt.
Eine aktuelle Untersuchung der Universität Leeds in Grossbritannien ergab, dass der Eisschild Grönlands in den letzten 30 Jahren um insgesamt 28'707 Quadratkilometer geschrumpft ist. Diese Fläche macht demnach etwa 1,6 Prozent der gesamten grönländischen Eisbedeckung aus und entspricht etwa der Grösse Albaniens.
Anstelle des früheren Eises sind nun felsiges Terrain, Moore und Büsche zu sehen. Laut den Autoren der Studie hat die Fläche, auf der Vegetation wuchs, sich im Laufe der drei untersuchten Jahrzehnte um mehr als 87'000 Quadratkilometer vergrössert und ist damit doppelt so gross geworden.
Die Zahl der grönländischen Feuchtgebiete habe sich nahezu vervierfacht, insbesondere im Osten und Nordosten. Studienautor Jonathan Carrivick schreibt im Fachjournal «Scientific Reports»: «Indem wir hochauflösende Satellitendaten auswerteten, konnten wir die Veränderungen auf der Landoberfläche detailliert nachvollziehen.»
Diese Veränderungen stehen demnach eindeutig im Zusammenhang mit den gemessenen höheren Temperaturen auf Grönland. Seit den 1970er-Jahren hat sich die grösste Insel der Welt doppelt so schnell erwärmt wie der globale Durchschnitt. Genauer gesagt waren die Temperaturen auf Grönland zwischen 2007 und 2012 durchschnittlich um drei Grad höher als im Mittel der Jahre 1979 bis 2000.
Feuchtgebiete sind Quellen für Klimakiller
Die Wissenschaftler warnen davor, dass der Rückgang der Gletscher aufgrund des Klimawandels die globale Erwärmung weiter verstärken könnte. Der Rückgang des Eises verstärkt nämlich die Erwärmung zusätzlich aufgrund des Albedo-Effekts.
Dieser Effekt besagt, dass helle Oberflächen mehr Sonnenlicht reflektieren als dunklere. Daher wird das Sonnenlicht vom Eis stärker reflektiert als von felsigen Oberflächen, die mehr davon absorbieren und sich erwärmen. Die neu entstandenen Feuchtgebiete auf der Insel sind auch Quellen für Methanemissionen, das als weitaus stärkerer Klimakiller als CO2 gilt.
Die Forscher resümieren: «Diese Veränderungen sind sehr kritisch, vor allem für die indigenen Völker auf Grönland, deren Jagdtraditionen auf der Stabilität der dortigen Ökosysteme basieren.»
Ausserdem führe das Abschmelzen des grönländischen Eises zu einem Ansteigen des Meeresspiegels. Dies wiederum bringe grosse Herausforderungen für die Gegenwart und Zukunft mit sich.