Jakob Kellenberger, ehemaliger IKRK-Präsident, wird am 19. Oktober 80 Jahre alt. Er kritisiert die zunehmende Missachtung des humanitären Völkerrechts.
Jakob Kellenberger
Jakob Kellenberger, Ex-Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). (Archivbild) - KEYSTONE/Ennio Leanza

Jakob Kellenberger, ehemaliger IKRK-Präsident und Chef-Unterhändler für die Bilateralen I, feiert am 19. Oktober seinen 80. Geburtstag. Es sei empörend und erschütternd, dass das humanitäre Völkerrecht immer weniger beachtet werde, erklärt er mit Blick auf die aktuellen Kriegskonflikte. Jakob Kellenberger wurde 1944 im Spital Heiden AR geboren.

Im selben Gebäude verbrachte einst Henry Dunant, Initiator des Roten Kreuzes, die letzten Jahre seines Lebens. Kellenberger bezeichnete diesen Umstand einst als Ironie. Denn als späterer Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) stand er zwischen 2000 und 2012 in zahlreichen Kampfgebieten unermüdlich für Dunants Grundsatz ein, die Opfer von Kriegen zu schützen und ihnen zu helfen.

Unermüdlicher Kämpfer für humanitäres Völkerrecht

Am 19. Oktober feiert Jakob Kellenberger mit seiner Frau seinen 80. Geburtstag im spanischen Salamanca, wie er gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. An der dortigen Universität hält er jeweils im Herbst auf spanisch Vorlesungen über das humanitäre Völkerrecht. Dieses werde trotz aller Menschen, die sich dafür einsetzten, immer weniger beachtet, sagt Kellenberger vor dem Hintergrund der aktuellen Kriege. Das sei empörend und erschütternd.

Unparteiisch und ohne militärischen Schutz sprach Kellenberger als IKRK-Präsident mit allen Kriegsparteien. Er galt als unermüdlicher und oft unbequemer Kämpfer für das humanitäre Völkerrecht. Er verhandelte etwa mit den Taliban in Afghanistan, reiste unter anderem in den Sudan, den Südlibanon, in den Gasastreifen und nach Syrien.

Kellenberger war bekannt dafür, mit den Mächtigen Klartext zu reden. «Solange der andere den Eindruck hat, dass Sie seine Perspektive ernst nehmen, können Sie sehr hart sein», erklärte er in einem Interview. Er scheute sich auch nicht, den USA auf die Finger zu klopfen. Kellenberger kritisierte die Bombardierung von Zivilisten durch die USA und den mangelnden Zutritt des IKRK zu Terrorgefangenen – vor allem im Irak und im Lager Guantánamo auf Kuba.

Vom Diplomaten zum Chefunterhändler für die Schweiz

Kellenberger studierte in Zürich, Tours (F) und Granada (E) französische und spanische Literatur. Sein diplomatisches Geschick erlernte er beim Bund. 1974 schlug er beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) eine diplomatische Laufbahn ein.

Er erlangte 1988 den Titel eines Botschafters. Als Bundesrat René Felber 1992 das EDA übernahm, wurde Kellenberger Staatssekretär. Von 1994 bis 1998 war er Chefunterhändler für die bilateralen Verhandlungen mit der EU.

Kellenberger: «In Kriegen leiden immer die Schwächsten»

Trotz der seit Jahren gewohnten Widerstände gewisser politischer Kreise blicke er zuversichtlich auf die aktuellen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU, erklärt Kellenberger. Er lobte den derzeitigen EDA-Staatssekretär Alexandre Fasel als «einen der erfahrensten und gründlichsten Kenner der Geschichte Schweiz-EU».

An seiner letzten Jahresmedienkonferenz als Präsident des IKRK zog Kellenberger 2012 in Genf mit Blick auf die Langzeitkonflikte, die seine ganze Amtszeit durchzogen, eine bittere Bilanz. Afghanistan, Somalia, die palästinensischen Gebiete sowie Sudan und Südsudan zeigten, dass die «Fähigkeit der Politik, Konflikte zu lösen, schwach ist, insbesondere dann, wenn diese Konflikte keine strategische Bedeutung haben», sagte er.

«In Kriegen leiden immer die Schwächsten. Und nicht jene, die diese verursacht haben.» Die Arbeit für das IKRK habe er jedoch «geliebt».

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