El Chapo Guzmán könnte beim Prozess sein Netzwerk verraten
Rund vier Monate wird der Prozess gegen Ex-Drogenboss «El Chapo» dauern. Interessant wird, ob er dabei sein Netzwerk bekannt geben wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Dass Guzmán lebenslang hinter Gitter muss, ist äusserst wahrscheinlich.
- Weil er kaum was zu verlieren hat, könnte der «Chapo» sein Netzwerk verraten.
- Weil ihm in den USA der Prozess gemacht wird, wird dieser in Mexiko weniger wahrgenommen.
Für rund vier Monate sind die Gerichtsverhandlungen in New Yorks Brooklyn gegen den mexikanischen Drogenboss Joaquín «El Chapo» Guzmán angesetzt. Gestern Montag hat nun der Prozess gegen ihn begonnen.
Alleine für das Auswahlverfahren der zwölf Jury-Mitglieder des Geschworenengerichts werden fünf Tage eingeräumt. Aus Sicherheitsgründen für die Geschworenen findet dies unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Und nicht nur für die Geschworenen, die täglich zu den Gerichtsverhandlungen eskortiert werden, sind höchste Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Die vorgeladenen Zeugen wurden teilweise in teure Schutzprogramme aufgenommen. Laut Staatsanwaltschaft sei dies – trotz Isolationshaft von Guzmán – nötig. Dies zeige die Geschichte des «Chapo», mit all den getöteten Richtern und Zeugen.
Der Prozess gegen den ehemaligen Chef des Sinaloa-Kartells, der zusammen mit seinen Leuten soviel Drogengelder erwirtschaftet haben soll, um damit selbst Trumps Mauer zwischen Mexiko und den USA bauen zu können, könnte nun zum Teuersten in der Geschichte der USA werden.
17 Anklagepunkte
Guzmán ist in deren 17 Punkten angeklagt. Wird er nur in einem verurteilt, wird er den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen. Dies ist äusserst wahrscheinlich, denn in zu viele Kriminalgeschichten ist El Chapo verstrickt. Und zu viele Feinde seien bereit, gegen den ehemaligen Kartellchef auszusagen, um einen Deal einzugehen, der ihre eigene Strafe mindert, schreibt die mexikanische Zeitung «El Debate».
Das wirklich Interessante am Prozess sei jedoch, ob der Chapo-Prozess Geheimnisse über sein Netzwerk in Mexiko und insbesondere auch in den Vereinigten Staaten selbst enthüllen kann, schreibt die Tageszeitung aus Sinaloa weiter.
Dies ist laut dem «CNN en español» durchaus möglich. Weil ihm lebenslange Haft drohe, habe El Chapo nichts zu verlieren. Es sei also möglich, dass er Details ans Licht bringe. Jedoch wenn überhaupt, dann nur solche, die seine Familie nicht diskreditieren.
Wichtiger Aspekt sei, so der spanischsprachige CNN-Ableger weiter, dass der Prozess in den USA stattfinde. Er werde so in Mexiko weniger stark wahrgenommen.
Extradition ist gefürchtet
Dass der Prozess in den USA stattfindet, ist der «Extradition» – der Auslieferung in die USA – zu verdanken. Mindestens sieben US-Bundesgerichte hatten wegen Import und Dealen von Kokain, Verschwörung, organisiertem Verbrechen, Geldwäsche, Mord und illegalem Besitz von Schusswaffen die Anklage erhoben. Am 19. Januar 2017 wurde «El Chapo» schliesslich nach New York verfrachtet.
Die Auslieferung an die USA ist bei den «Narcos» – den lateinamerikanischen Drogendealern – weitaus mehr gefürchtet, als die Gefangenschaft im eigenen Land. Der Fall des «El Chapo» zeigt denn auch, dass ein Gefängnis in Mexiko nicht im Ansatz so sicher ist wie eines in den USA. Zweimal hat es Guzmán geschafft, aus einem Hochsicherheitsgefängnis in Mexiko zu entwischen.
Offenbar konnte er auch während der Ausschaffungshaft weiter seine Geschäfte orchestrieren. Im Oktober 2016 liess Guzmán mutmasslich einen mexikanischen Bundesrichter ermorden, der in sein Verfahren zur Auslieferung an die USA involviert war.
Nun sitzt «El Chapo» in New York in Einzelhaft und darf nur für eine Stunde am Tag aus der Zelle, um einen Fitnessraum aufzusuchen.