Nach Brexit: Folgen bald andere EU-Staaten dem britischen Beispiel?
Das Vereinigte Königreich ist raus aus der EU. Könnten nun weitere EU-Staaten dem britischen Beispiel folgen? Das hängt vom Erfolg des Brexit ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Grossbritannien hat sich von der Europäischen Union losgesagt.
- Doch noch ist der Brexit längst nicht vom Tisch, schwierige Verhandlungen stehen an.
- Ein Erfolg des Brexit könnte Folgen für den Zusammenhalt innerhalb der EU haben.
Der Brexit ist Tatsache: Mit dem Vereinigten Königreich hat das erste Land die Europäische Union verlassen – und zwar ein gewichtiges.
Mit Grossbritannien verliert die EU das Land mit der zweitgrössten Volkswirtschaft und der drittgrössten Bevölkerung. Und zudem auch den drittgrössten Nettozahler für den EU-Haushalt. Die Briten selber verlieren den freien Marktzugang zu ihrem wichtigsten Export-Gebiet.
Nach dem Brexit ist vor dem Brexit
Die Briten haben nun ihr Mitspracherecht innerhalb der EU verloren. Wirtschaftlich bleibt Grossbritannien im Binnenmarkt und der Zollunion der EU. Denn bis Ende Jahr läuft die Brexit-Übergangsfrist.
Premierminister Boris Johnson will in diesen elf Monaten die künftigen Beziehungen zur EU aushandeln. Doch dass bis Ende Jahr alle Punkte geregelt sind, gilt als äusserst ambitioniertes Projekt. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sieht dies zumindest kritisch.
Klar ist, dass beide Seite weiterhin aufeinander angewiesen sind. Doch auch Streitereien – etwa beim Thema Fischfangquoten – sind vorprogrammiert.
Macht der Brexit Schule?
Auf der EU-Seite werden sich mit dem Abschied der Briten die politischen Gewichte innerhalb der EU verschieben. Deutschland und Frankreich werden noch mehr an Einfluss gewinnen. Die Dominanz der beiden grössten Mitglieder könnte kleinere EU-Staaten frustrieren.
Zudem verlässt mit Grossbritannien ein EU-kritischer Akteur die Union. Länder wie Polen, Ungarn oder Tschechien könnten nun diese kritische Rolle einnehmen. Anti-EU-Stimmen innerhalb der Union werden bestimmt nicht verstummen.
Ob sich ein weiteres Land traut, dem Beispiel der Briten zu folgen? Das hängt wohl hauptsächlich davon ab, wie die Briten nach dem Brexit wirtschaftlich performen werden. Zahlreiche Studien prognostizieren keine rosigen Zahlen für das Königreich.
Freihandelsabkommen und Steuerwettbewerb
Premier Boris Johnson hingegen spricht von neuen grossartigen Freihandelsabkommen. Zudem wird erwartet, dass Johnson künftig den Steuerwettbewerb mit Europa suchen wird.
«Wir können die Mehrwertsteuer auf Hygieneartikel streichen, ohne uns Sorgen zu machen, was Brüssel dazu meint», sagte Johnson etwa. Das sei eine der vielen Chancen, die sich durch den Austritt aus der EU ergeben.
Die übrigen Staaten befürchten nun, die Insel könnte sich zu einer Steueroase nach Vorbild Singapurs entwickeln.
Was passiert mit britischem Zusammenhalt?
Entscheidend wird auch, was mit den Schotten, Nordiren und Walisern passiert. Die Schotten etwa stimmten mit rund 62 Prozent gegen den EU-Austritt.
Der britische Zusammenhalt ist darum so fragil wie nie. Die drei Regionalparlamente haben dem Austrittsvertrag von Johnson nicht zugestimmt.
Erst kürzlich hat das schottische Parlament ein zweites Unabhängigkeitsreferendum gefordert. Johnson hatte die Idee umgehend abgelehnt. Streit ist auch da vorprogrammiert.