Abschaffung der Freiheitsstrafe für Raser im Nationalrat absehbar
Bald wird es für Raserdelikte wohl keine Freiheitsstrafe mehr geben. Stattdessen könnten Raser wieder mit Geldstrafen belegt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat beschliesst Eintreten auf die Strassenverkehrsgesetz-Revision.
- Damit ist die Abschaffung der Mindestfreiheitsstrafe für Raserdelikte absehbar.
- Raser können künftig wieder mit reinen Geldstrafen sanktioniert werden.
Die Abschaffung der Mindestfreiheitsstrafe für Raserdelikte im Nationalrat ist absehbar. Er hat am Mittwoch Eintreten auf die Revision des Strassenverkehrsgesetzes beschlossen und mit der Detailberatung begonnen.
Bereits im Rahmen der Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen hatten National- und Ständerat im vergangenen Herbst in Sachen Mindeststrafe für Raserdelikte gleichsam vorgespurt und diese aufgehoben.
Raser können demnach künftig wieder mit reinen Geldstrafen sanktioniert werden. Allerdings läuft derzeit noch die Referendumsfrist, sodass der Artikel noch nicht in Kraft ist.
Den Behörden einen Ermessensspielraum geben
Nun soll die entsprechende Gesetzgebung noch weiter aufgeweicht werden. Der Bundesrat schlägt vor, den 2013 im Rahmen des Verkehrssicherheitspakets «Via sicura» eingeführten Raserartikel zu entschärfen. Geschaffen wurde dieser, um Tempo-Exzesse auf den Strassen härter zu bestrafen. Dank dieses indirekten Gegenvorschlags des damaligen Parlaments hatte die Stiftung Roadcross ihre Raser-Initiative zurückgezogen.
Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS) begründete die Anpassungen damit, dass mit «Via sicura» über das Ziel hinausgeschossen worden sei. Diese Fehlanreize gehörten wieder abgeschafft. «Nicht jeder, der zu schnell fährt, ist ein Raser.»
Es gehe nicht darum, die Maximalstrafen zu senken, aber den Richtern und Behörden einen Ermessensspielraum zu geben. Insgesamt führe dies nicht zu einem Abbau bei der Verkehrssicherheit.
Auf die Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr soll deshalb verzichtet werden. Zudem schlägt die Verkehrskommission des Nationalrats (KVF-N) vor, die Dauer für den Führerausweisentzug von 24 auf 6 Monate zu senken. Dies geht weiter als der Bundesrat, der es bei 12 Monaten bewenden lassen möchte.
Weiter enthält die Revision Bestimmungen zum automatisierten Fahren und zu der Förderung umweltfreundlicher Technologien. Dagegen gibt es keinen namhaften Widerstand.
Gestrichen werden soll auch die Velohelmpflicht für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren, wie dies der Bundesrat vorschlägt. Für die KVF-N kommt diese Pflicht nicht infrage. Weiter schlägt sie vor, das Verbot von öffentlichen Rundstreckenrennen mit Motorfahrzeugen aufzuheben.
Die Anpassungen des Strassenverkehrsgesetzes sollen ab 2023 gestaffelt in Kraft gesetzt werden.
Widerstand von den Grünen
Eintreten auf die Vorlage war im Nationalrat unbestritten. Am meisten Widerstand kündigten die Grünen an. Da sei vieles dabei, dass die Fraktion so nicht unterstützen könne, sagte Marionna Schlatter (Grüne/ZH).
Man werde die Vorlage ablehnen, wenn nicht wesentliche Punkte zur Verbesserung durchkämen. Die vorliegende Revision «zieht dem Raserartikel die Zähne». Die Vorlage sei eine «Machtdemonstration der Autolobby ohne Rücksicht auf Tote und Verletzte».
Fraktionssprecher von SP, FDP und der Mitte für Revision
Walter Wobmann (SVP/SO) erklärte, es sei ein grosser Wandel im Gang in Richtung neue Technologien. Dies müsse sich im Strassenverkehrsgesetz abbilden. Allerdings brauche es dringend Korrekturen bei «Via sicura».
Man könne als Autofahrer auch unbeabsichtigt in den Raserbereich geraten. Hier brauche es einen grösseren Ermessensspielraum wie in anderen Strafbereichen auch.
Auch die Fraktionssprecher von SP, FDP und der Mitte stellten sich hinter die Revision und die Anpassungen bei «Via sicura».
Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga betonte, der Bundesrat wolle das heutige Recht fitmachen für die anstehenden Neuerungen beim automatisierten Fahren und den umweltfreundlichen Technologien. Die Bilanz von «Via sicura» sei insgesamt positiv, die Massnahmen hätten Dutzende Schwerstverunfallte im Strassenverkehr verhindert.