Bodensee trocknet aus: Nau.ch-Reporter steht da, wo sonst Wasser ist
Der Bodensee ist derzeit rekordverdächtig tief, wie Nau.ch-Aufnahmen zeigen. Der Untersee-Pegel war letztmals zu dieser Jahreszeit Anfang April 1972 so niedrig.
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Das Wichtigste in Kürze
- Nau.ch-Bilder zeigen, wie niedrig aktuell der Wasserpegel des Bodensees ist.
- Gestern lag der Untersee-Pegel noch 11 cm über dem bisher niedrigsten April-Messwert.
- Das freigesetzte Seegras ist trocken und erzeugt deswegen einen Gestank.
Kein Regen und viel zu wenig Schmelzwasser: Am Bodensee ist der Wasserstand rekordverdächtig niedrig.
So bieten sich dem Nau.ch-Reporter in Ermatingen TG gestern Bilder, die man sonst nur von Dürren aus dem Ausland kennt. «Wo ich gerade stehe, ist normalerweise der Wasserpegel.»

Vor rund zehn Monaten war der Wasserstand fast einen Meter höher. Das Wasser lief über die Mauern. «Es ist verrückt. Es ist schon gewaltig, wie dieser See vom Wasserstand her spielt», sagt der Ermatinger Hafenmeister Horst Marquardt dazu.

Er spricht von einer «kritischen Situation»: Er erhalte viele Anrufe. «Die Leute fragen, was man tun kann. Aber wir können nichts tun.» Es wisse im Moment keiner, wann und wie viel Wasser komme.
Das freigesetzte Seegras sei jetzt trocken. «Wenn das trocken ist, dann stinkt das.»
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Auch in Gottlieben TG finden die Anwohner kaum Worte für die aktuelle Lage: «Ich finde das schrecklich zu sehen, wie jetzt schon kleine Inseln im See oder im Rhein sind», sagt Gaby.
«Ich habe auch ein bisschen Angst, wenn ich zum Beispiel an meine Enkelkinder denke», fügt Toos hinzu. «Wie wird die kommende Zeit für sie und alle anderen Kinder?», fragt sie sich.
Überaus tiefe Pegel beim Bodensee
Im April war der Wasserstand letztmals 1972 so tief wie dieses Jahr. In Berlingen lag der Pegel gestern bei 394,51 Metern über Meer.
«Und somit nur noch 11 Zentimeter über dem niedrigsten Messwert, der zu dieser Jahreszeit je gemessen wurde». Das erklärt Philemon Diggelmann, Leiter Abteilung Wasserbau und Hydrometrie des Kantons Thurgau, auf Anfrage von Nau.ch.
Am 1. April 1972 wurden nämlich 394,40 Meter gemessen. Das langjährige Mittel liegt dort bei gut 395 Metern. Also 60 Zentimeter mehr.
Bereits vor einigen Tagen war der Hafen von Mannenbach TG am Untersee ausgetrocknet. Und wie sieht es mit dem Pegel des Obersees aus?
«Aktuell liegt er bei Romanshorn bei 394,92 Metern über Meer. Und somit nur noch 27 Zentimeter über dem niedrigsten Messwert, der zu dieser Jahreszeit je gemessen wurde», sagt Diggelmann.
Bodensee: Pegel dürfte bis nächste Woche weiter sinken
Auch auf deutscher Seite sieht es nicht anders aus. Das Wasser in Konstanz ist 70 Zentimeter niedriger als zur gleichen Zeit im vergangenen Jahr. Ausflugsschiffe können bereits nicht mehr überall anlegen.
Zudem hat der niedrige Pegel auch dort einen unerfreulichen Geruch zur Folge. «An der Rheinbrücke ist das Wasser rund zehn Meter vom Ufer zurückgewichen. Es stinkt widerlich», sagt eine Frau der «Bild».
Ursache für den niedrigen Wasserpegel sind geringe Regenfälle und wenig Schmelzwasser aus den Alpen. Das liegt daran, dass auf den Bergen im Einzugsgebiet des Rheins weniger Schnee liegt als im langjährigen Mittel. Der Fluss fliesst in den Bodensee.
Diggelmann geht davon aus, dass der Wasserstand weiter abnimmt: «Die Tendenz ist weiter sinkend. Bis am 17. April beim Ober- und Untersee um jeweils fünf Zentimeter.»