Bundesrat Beat Jans plant radikales Verbot von Auslandsadoptionen
Eine geplante Gesetzesänderung könnte internationale Adoptionen verbieten. Experten sehen darin Schutz vor Missbrauch, Kritiker fürchten Kinderhandel.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat könnte Auslandsadoptionen von Kindern bald verbieten.
- Tausende illegale Adoptionen, etwa aus Sri Lanka, wurden in der Vergangenheit aufgedeckt.
- Die Zahl internationaler Adoptionen in die Schweiz ist stark zurückgegangen.
Die Schweiz könnte bald einen bedeutenden Schritt in der Adoptionspolitik machen.
Beat Jans wird dem Gesamtbundesrat kommende Woche eine Gesetzesänderung vorzuschlagen, die Adoptionen von Kindern aus dem Ausland verbieten würde. Dies berichtet die «NZZ am Sonntag».
Adoptionen innerhalb des Landes und innerhalb der Familie wären weiterhin erlaubt.
Adoptionsstopp hat wohl gute Chancen
Der Entscheid folgt auf eine Untersuchung einer Expertenkommission, die zwei mögliche Szenarien entwickelt hat: ein vollständiger Stopp oder eine Verschärfung der Regeln und Reduzierung der Herkunftsländer auf wenige sichere Nationen.
Es scheint jedoch keinen Widerstand gegen Jans' Empfehlungen im Gesamtbundesrat zu geben. Was darauf hindeutet, dass das erste Szenario wahrscheinlich bevorzugt wird.
«Unser Auftrag lautete, abzuklären, wie man garantieren kann, dass bei internationalen Adoptionen keine Missbräuche mehr auftreten.» Dies erklärte ein Mitglied der Expertengruppe.
Eine Garantie gebe es aber nicht. Die Frage nach dem freien Willen einer biologischen Mutter bei der Abgabe ihres Kindes bleibe «praktisch nicht überprüfbar».
Tausende Adoptionen durch illegale Praktiken
Die Untersuchung illegaler Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka hat auf Kinderhandel und Behördenversagen in zehn weiteren Ländern hingewiesen. Darunter Rumänien und Brasilien.
Ein Bericht der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften aus dem Jahr 2023 zeigt: Zwischen 1970 und 2000 haben wahrscheinlich Tausende von Adoptionen in der Schweiz durch illegale Praktiken stattgefunden.
«Nicht zu wissen, wer die leiblichen Eltern sind und ob die Adoption freiwillig geschah, kann für die Betroffenen psychisch enorm belastend sein».
Das sagt Laura Bucher, Regierungsrätin des Kantons St. Gallen. Sie plant, den Informationsaustausch unter den Kantonen durch eine neu gegründete Plattform zu verbessern.
Kritiker befürchten Anstieg von illegalem Kinderhandel
Mit dieser Entscheidung würde der Bundesrat dem aktuellen Trend folgen – auch die Niederlande haben ein Adoptionsmoratorium eingeführt. Was früher als gute Tat angesehen wurde, wird heute oft als «White Saviour Complex» kritisiert. Eine weitere Facette der westlichen Kolonialgeschichte.
Aber es gibt auch Warnungen: Fachleute befürchten einen Anstieg des illegalen Kinderhandels bei einem Verbot von Adoptionen. Die Nachfrage bestehe weiterhin.
Nationalrat Stefan Müller-Altermatt sieht das anders: «In der internationalen Adoption sind schreckliche Missbräuche geschehen. Eine Kapitulation ist für mich aber keine Option».
Müller-Altermatt hat selbst einen Adoptivsohn aus Armenien. Er schlägt statt eines Verbots eine Verschärfung der Bestimmungen und eine zentrale Vermittlungsstelle vor.
Internationale Adoptionen sind stark gesunken
Die Anzahl internationaler Adoptionen in die Schweiz hat sich stark verringert. Von 691 Kindern im Jahr 1979 auf nur noch 19 im Jahr 2023.
Der Rückgang ist auf strengere Adoptionsrichtlinien und Fortschritte in der Reproduktionsmedizin zurückzuführen.
Medienberichte über illegale Praktiken im Adoptionswesen haben ebenfalls dazu beigetragen, potenzielle Adoptiveltern abzuschrecken.
Es wurden nicht nur Kinder aus Sri Lanka illegal adoptiert. Ähnliche Missbräuche sind auch aus Spanien, Chile oder Georgien bekannt.