Coronavirus: Soziologe warnt vor Lockerungen zu Weihnachten
Die Schweiz lockert die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus über Weihnachten. Ein deutscher Soziologe warnt nun vor dem «Fest für das Virus».
Das Wichtigste in Kürze
- An Weihnachten dürfen sich ausnahmsweise bis zu zehn Personen privat treffen.
- Ein Soziologe warnt, dass die Lockerungen einen Anstieg der Fallzahlen auslösen könnten.
- Er erklärt, dass sich der Mensch trotz rationalem Selbstbild oft wie ein Kind verhalte.
In der Schweiz ist für private Veranstaltungen eine Obergrenze von fünf Personen aus zwei Haushalten vorgesehen. Ausser an den Festtagen, da werden die Regeln gelockert und es dürfen sich zehn Personen aus mehreren Haushalten treffen. Kinder werden dabei eingerechnet.
Vom 24. bis 26. Dezember und an Silvester rückt das Coronavirus zumindest ein bisschen in den Hintergrund. Die Personen-Obergrenzen werden über die Feiertage in der Schweiz und auch in Deutschland gelockert.
Gehen wir mit den Lockerungen über die Festtage ein zu hohes Risiko ein? «Ja», sagt Armin Nassehi, Professor für Soziologie an der Universität München.
An Weihnachten das Coronavirus nicht ignorieren
Im «Spiegel»-Interview kritisiert Nassehi die Lockerungen der deutschen Regierung über Weihnachten. In Deutschland sind vom 23. bis 27. Dezember private Treffen von zehn Personen erlaubt – exklusive Kinder.
«Wir leben in einem Dilemma. Um möglichst unbeschwert feiern zu können, dürfen wir das Virus nicht ignorieren», erklärt Nassehi. Wenn man nicht fahrlässig sein wolle, sei die Einhaltung bestimmter Regeln unumgänglich. An Weihnachten müsse man an etwas denken, was man in genau dieser Zeit nicht möchte.
Generell scheinen sich die Menschen nicht damit abfinden zu können, auch das Weihnachtsfest unter Einhaltung der Hygieneregeln zu feiern. Der Soziologie-Professor erklärt im «Spiegel»: «Wir überhöhen Weihnachten geradezu.» Dabei habe es bereits vor der Corona-Pandemie an Weihnachten Spannungen gegeben.
Der «Weihnachts-Stress» ist bei vielen Menschen unbeliebt. Heuer gäbe es die Chance, diesen Stress durch weniger Vorbereitungen und weniger Besuche zu verhindern. Das Weihnachtsfest könne trotzdem «schön und besinnlich» werden, so Nassehi.
«Wir verhalten uns oft wie Kinder»
Angesprochen auf die Frage, warum die Menschen die Chance eines reduzierten Fests nicht nutzen wollen, sagt Nassehi: «Wir verhalten uns oft wie Kinder.» Im Selbstbild der Menschen sei die Rationalität verankert. Und der Mensch glaube, man handle stets nach richtigen Motiven.
Dies sei allerdings nicht der Fall, was der Umgang mit dem Coronavirus verdeutliche. Wie Nassehi sagt, sei es gerade das Verbotene, welches das Interesse der Menschen wecke: «Wenn man alles machen darf, dann sehnt man sich nach einem ruhigen Weihnachten zu Hause. Wenn man nichts machen darf, wollen wir es anders haben, weil uns sonst langweilig wird.»
Einen Sinn hinter den Weihnachts-Lockerungen sieht der Soziologe nicht. Er hofft, dass sich die Menschen auch an Weihnachten an die Abstands- und Hygieneregeln halten werden. Denn sonst könnte Weihnachten «ein Fest für das Coronavirus» werden.
14 Tage vor 🎄 #Weihnachten | Man müsse alles dafür tun, nicht wieder in exponentielles Wachstum zu kommen, warnt #Merkel. Sie verstehe die Begeisterung rund um die Weihnachtszeit, aber man habe etwas versäumt, wenn es anschließend das letzte Weihnachten mit den Großeltern war. pic.twitter.com/zC9INQkDvL
— phoenix (@phoenix_de) December 9, 2020
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in einer emotionalen Rede am Mittwochmorgen im Bundestag vor exponentiellem Wachstum rund um die Weihnachtszeit gewarnt. Es müsse alles dafür getan werden, dass sich die Situation wieder verbessere.