Das hat der Klimastreik in einem Jahr in der Schweiz erreicht
Vor 365 Tagen fand der erste Klimastreik statt. Doch was hat die Bewegung neben grossen Demonstrationen in diesem Jahr noch erreicht?
Das Wichtigste in Kürze
- Vor genau einem Jahr fand der erste Klimastreik statt.
- Die Bewegung darf sich verschiedene Erfolge auf die Fahne schreiben.
- Die Aktivisten wollen den Protest weiterhin fortführen.
Am Freitag, 14. Dezember 2018 gingen in Zürich ungefähr 300 meist junge Menschen auf die Strasse, um für mehr Klimaschutz zu protestieren: Der Klimastreik war geboren.
1 Jahr #FridaysForFuture!💚🎂
— Greenpeace.ch (@greenpeace_ch) December 13, 2019
DANKE @klimastreik und allen AktivistInnen weltweit, dass ihr die Klimapolitik auf den Kopf gestellt habt! Wir wünschen euch, dass die PolitikerInnen endlichen ihren Job machen und ihr wieder am Unterricht teilnehmen könnt. #Klima #1JahrNurBlockiert pic.twitter.com/imzq67ZpiE
Bereits eine Woche später demonstrierten 2000 Schüler und Studenten, vier Wochen danach waren es laut Organisatoren über 20'000. Nach einem Jahr wird noch immer protestiert. Doch was hat die Bewegung bislang erreicht?
Klima wird das Thema in der Gesellschaft
Das jährliche Sorgenbarometer ergab für 2019: Wenn die Befragten nur ihre grösste Sorge nennen müssen, landet das Klima auf Platz zwei. Noch nie war die Sorge um die Umwelt derart gross, wie in diesem Jahr.
Dass diese Sorgen auch berechtigt sind, zeigt das nächste Beispiel: Über 26'000 Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum stellten sich hinter die Forderungen der Klimajugend. Mit diesem Support war das Thema dann vollständig in der Gesellschaft angekommen.
Die Medien berichten
Zugegeben, dies wäre wohl nicht möglich gewesen ohne eine konstante Berichterstattung der Medien.
Gut 35'000 deutschsprachige Artikel erschienen im letzten Jahr in der Schweiz zum Thema «Klima». Zum Vergleich: Im Jahr davor wurde nur 10'000 Mal darüber berichtet. Über 3000 Mal wurde der Klimastreik in einem Artikel erwähnt, wie ein Blick in die Schweizer Mediendatenbank «SMD» zeigt.
Und noch ein kleiner Fun-Fact: Keine Schweizer Persönlichkeit wurde medial so oft in Zusammenhang mit der Klima-Bewegung erwähnt, wie SVP-Haudegen und Klima-Kritiker Roger Köppel.
Klimanotstand und lokale Erfolge
Regional kann die Bewegung einige direkte Erfolge verbuchen. So erfüllen bereits mehrere Städte die erste Forderung der Klimajugend: den Klimanotstand.
So anerkannte beispielsweise der grosse Rat in Basel «die Dringlichkeit der Klimakrise» und versprach zu handeln. Auch Luzern und die Stadt Bern nahmen ähnliche Vorstösse an. Die Stadt Zürich will sogar bis 2030 klimaneutral sein – auch eine Hauptforderung des Klimastreiks.
Grüner Tsunami spült Klimaschützer ins Parlament
Die Grüne Welle wurde bei den nationalen Wahlen am 20. Oktober 2019 zu einem Grünen Tsunami. 30 Sitze gewannen die Parteien mit einem «grün» im Namen dazu. Für die Grünen-Präsidentin Regula Rytz reichte es dennoch nicht in den Bundesrat.
Bemerkenswert ist dabei, dass viele Klima-Aktivisten noch nicht an die Urne dürfen – denn in der Bewegung gibt es viele Minderjährige. Wenn sie in vier Jahren aber wählen können, wird es spannend.
Image der apolitischen Jugend vorbei – grösste Jugendbewegung
«Die Jugend interessiert sich nicht für Politik». Dieses Vorurteil hielt sich ziemlich lange. Doch nachdem sich der Klimastreik innert kürzester Zeit zur grössten Jugendbewegung der letzten Jahrzehnte entwickelt hatte, war dieses Vorurteil Geschichte.
Auffallend: Parteien und Verbände spielten bei den Demonstrationen immer eine untergeordnete Rolle. Die Aktivsten vernetzten sich selbst über Social Media und bauten ihre eigenen Organisationsstrukturen auf. Mit ihrer Mobilisierungskraft stellen sie andere Verbände und Parteien in den Schatten.
PR ums Klima
Doch auch andere Akteure entdecken ihre grüne Seite. Die Marketing-Abteilungen grosser und kleiner Unternehmen betonen ihre Klimafreundlichkeit. Plötzlich werben Airlines mit Klima-Kompensationen. Trotzdem: Die Anzahl Fluggäste steigt weiter.
Ob mit solchen Werbemassnahmen die klimaschädlichen Gase wie CO2 wirklich kompensiert werden sollen oder die Anbieter härtere Gesetze verhindern wollen, bleibt offen.
Nationale Politik muss Stellung beziehen
Das bringt uns bereits zum nächsten Punkt. Auch realpolitisch ist seit dem Beginn der Streiks etwas passiert. Der Nationalrat schickte das neue CO2-Gesetz im Dezember 2018 bachab – und löste damit auch die Proteste aus.
Nach neun Monaten Klimastreik verschärfte der Ständerat das Massnahmenpaket. So wurde auch eine Flugticketabgabe und ein faktisches Verbot von klimaschädlichen Ölheizungen ab 2023 beschlossen.
Der Bundesrat verschärfte im «Klimajahr» sein «Netto 0»-Ziel, bis 2050 soll die Schweiz klimaneutral sein. Ob das mit dem Druck der Klima-Bewegung oder der drohenden «Gletscher-Initiative» zusammenhängt, bleibt offen. Die oberste Exekutive begründete den Entscheid mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen.
An der internationalen Politik geht das Thema vorbei. So wird die Uno-Klimakonfernz COP im spanischen Madrid wohl ohne nennenswerten Erfolg zu Ende gehen. Und auch die Schweiz hat bislang ausser Plänen noch nicht viel zu bieten.
Wenig überraschend wollen die Aktivisten den Protest deshalb fortführen.