Die Post: Casino-Werbung auf Quittung sorgt für Sucht-Kritik
Die Post bietet eine Werbefläche auf den Quittungen an. Dass dort auch für Glücksspiel geworben werden darf, stösst Experten sauer auf.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Post lässt auf einer Quittung Werbung für Glücksspiel zu.
- Sucht-Experten bemängeln die Glücksspiel-Werbung.
- Die Post betont, dass man wegen des Willkürverbots die Werbung zulassen müsse.
- Der Casinobetreiber betont: «Wir gehen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.»
Diese Reklame auf der Post-Quittung wirft Fragen auf. Am Ende des Zettelis wird für «Jackpots.ch» geworben, ein Schweizer Online-Casino.
Ein 25-Franken-Bonus gibt es, wenn man den von der Post zur Verfügung gestellten Code nutzt.
«Bedenklich», findet diese Werbung Nau.ch-Leser Patrik B.* «Ich verstehe nicht, warum es auf einer Quittung überhaupt Werbung braucht. Und warum man dann ausgerechnet für Glücksspiel wirbt, das bekanntlich süchtig machen kann.»
Der Hinweis «Spiele verantwortungsvoll» im Kleingedruckten reicht dem Leser nicht.
Sucht-Experten kritisieren Werbung auf Post-Quittung
Wenig Freude daran hat auch Monique Portner-Helfer von «Sucht Schweiz». «Wir bedauern, dass solche Werbung möglich ist», sagt sie auf Anfrage von Nau.ch.
«Die Anbieter haben fast jede Möglichkeit, ihre Werbung zu platzieren, wobei die Verantwortung einseitig bei den Spielenden liegt.» Dies suggeriere auch der Hinweis.
Portner-Helfer erklärt: «Heute ist es im Grunde so, dass die Menschen mit Werbung geflutet werden dürfen. Wenn aber jemand eine problematische Nutzung entwickelt, ist er oder sie selber schuld», ärgert sie sich.
Das müsse sich ändern.
«Wir als Gesellschaft müssen da mehr Verantwortung übernehmen und die Werbung stärker regulieren.» Die Einschränkung im Gesetz, dass sich Glücksspiel-Werbung weder an Minderjährige noch an Süchtige richten darf, reiche nicht aus.
Denn: «Jede Art von Geldspielwerbung kann einen Einfluss auf die Absicht, um Geld zu spielen, sowie auf das Spielverhalten haben. Gerade Bonus-Versprechungen stellen ein Risiko dar.»
Politikerin: «Die Post sollte hier zurückhaltender sein»
Und auch aus der Politik gibt es Kritik an der Post-Quittung.
«Ich finde das fragwürdig», sagt SP-Nationalrätin Barbara Gysi auf Anfrage von Nau.ch.

«Die Post ist eine öffentliche Institution und sollte hier zurückhaltender sein.» Eine Verschärfung der Richtlinien würde sie begrüssen.
Denn: Momentan «muss» die Post die Werbung zulassen.
Post-Sprecherin Silvana Grellmann erklärt auf Anfrage von Nau.ch: «Die Postfilialen sind ein öffentlicher Raum. Wir dürfen keine Einschränkungen bei der Werbung machen, da wir sonst gegen die Gleichbehandlungspflicht verstossen.»
Daher gelte: «Die Post ist verpflichtet, bei der Nutzung von Werbeflächen die Gleichbehandlung sowie das Willkürverbot einzuhalten.»
Porno- und Tabakwerbung sind bei der Post Tabu
Ausnahmen gibt es bei Alkohol, Tabak, gewissen Medikamenten sowie pornografische Inhalte. Auch unlautere und irreführende Werbung kann die Post ablehnen. Doch das ist bei der Casino-Werbung nicht der Fall.
Doch warum braucht es auf der Post-Quittung überhaupt Reklame?
«Die Werbung auf der Kassenquittung ist eine Werbefläche, die zum Werbeangebot der Post gehört. Unternehmen können so die gute Kundenfrequenz in der Postfiliale nutzen, um ihre Dienstleistungen zu bewerben», so Grellmann.
Wie viel eine solche Werbung kostet, lässt die Post mit Verweis auf den freien Wettbewerb unbeantwortet.
«Jackpots.ch» gehört zum Grand Casino Baden. Dieses betont, die Kritik ernst zu nehmen. Doch man halte sich bei der Werbung bereits an strenge Vorgaben.
Sprecher Patrick Cupelin erklärt gegenüber Nau.ch: «Wie jedes Unternehmen müssen auch wir unsere Angebote bekannt machen. Dabei setzen wir auf seriöse und etablierte Werbepartner – genauso wie die Schweizerische Post.»
Zur Kritik sagt er: «Wir nehmen Bedenken von Sucht Schweiz ernst und sind uns der Verantwortung im Bereich Spielerschutz bewusst.»
Casino Baden: «Gehen über gesetzliche Anforderungen hinaus»
Cupelin führt aus: «Als Schweizer Casino unterliegen wir aber bereits heute strikten Werbevorgaben, die sicherstellen, dass unsere Werbung weder aufdringlich noch irreführend ist.»
So suggeriere das Casino nicht etwa, dass längeres oder häufigeres Spielen die Gewinnchancen erhöhe. Oder dass Geldspiel eine Alternative zur Erwerbstätigkeit sein könnte. Solche Slogans wären Tabu.
Cupelin betont: «Zudem gehen wir über die gesetzlichen Anforderungen hinaus: Unsere Werbung enthält immer Hinweise zum verantwortungsbewussten Spielen und richtet sich ausschliesslich an Erwachsene.»
Der Spielerschutz sei ein zentrales Anliegen des Casinos. Neben Aufklärung und Information setzte man auf ein System zur Früherkennung problematischen Spielverhaltens.
«Sollten wir problematisches Spielverhalten feststellen, greifen wir aktiv ein. Von Beratungsgesprächen, Überprüfung der finanziellen Verhältnisse bis hin zur Spielsperre», betont Cupelin.
Laut dem Grand Casino Baden braucht es statt weiteren Regeln eine strengere Handhabung gegen illegales Glücksspiel durch ausländische Anbieter.
Casino-Werbung bei der SBB beschäftigte die Politik
2020 störte sich SP-Gesundheitspolitikerin Barbara Gysi an einem ähnlichen Fall. Casino-Werbung in Zügen der SBB sah sie im Widerspruch zu den Kampagnen gegen Spielsucht.
In seiner Antwort auf Gysis Frage hielt der Bundesrat damals fest. «Für öffentlich-rechtliche Unternehmen sind keine besonderen geldspiel-rechtlichen Beschränkungen vorgesehen.»
Der Bundesrat war der Auffassung, dass sich die Werbung im gesetzlich festgelegten Rahmen bewegen. Die Landesregierung sah damals «keinen Interventionsbedarf».