Die Spenden von Schweizern fokussierten sich 2023 auf Krisen
Die Spenden in der Schweiz konzentrierten sich auf Krisen wie den Ukraine-Krieg oder die Erdbeben in Syrien und der Türkei – zugunsten anderer Anliegen.
Das Wichtigste in Kürze
- 2023 hat die Schweizer Bevölkerung vor allem für Krisen gespendet.
- Trotzdem rechnen viele Organisationen mit einem Spendenrückgang.
Krisen wie der Krieg in der Ukraine und die Erdbeben in Syrien und der Türkei haben die Spendenbereitschaft in der Schweiz trotz steigendem Druck auf die Kaufkraft mobilisiert. Allerdings konzentrierten sich die Spenden auf diese Krisen – zugunsten anderer Anliegen.
Ein Beispiel dafür zeigte die Stiftung Telethon auf, die sich der Unterstützung von Menschen mit seltenen genetischen Krankheiten widmet. Sie verzeichnete im Jahr 2022 einen Spendenrückgang um 30 Prozent und befürchtet, dass sich dieser Trend wegen der Krisen im 2023 weiter fortgesetzt hat, wie sie Anfang Dezember mitteilte.
«Die Medienberichterstattung kristallisiert sich um Katastrophen und Notfälle herum und es ist daher ganz natürlich, dass Spender dramatische Situationen unterstützen möchten», sagte Cristelle Burlot, Kommunikationsverantwortliche von Telethon Schweiz, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Laut Burlot gibt es einen «Wettbewerb» zwischen den verschiedenen zu verteidigenden Anliegen. Angesichts der Inflation, steigender Krankenkassenprämien und Mieten würden die Spendenwilligen genauer prüfen, wofür sie ihre Spenden tätigen.
Caritas rechnet mit Einnahmen von über 30 Millionen Franken
Mit der Mobilisierung für die Ukraine verzeichnete die Caritas im Jahr 2022 Rekordspenden. 44,8 Millionen Franken wurden 2022 gespendet. Im Jahr davor waren es 28,4 Millionen. Für 2023 wird mit Einnahmen von über 30 Millionen gerechnet. Bei Katastrophen in der Schweiz oder weltweit würden die Spenden deutlich ansteigen, sagte Caritas-Sprecher Fabrice Boulé zu Keystone-SDA.
Ähnliches berichtet die Glückskette: «Unsere Sammlungen sind punktuell und hängen von den aktuellen Ereignissen ab», sagte Sprecherin Corinne Bahiz auf Anfrage. Im Jahr 2022 brachte der Krieg in der Ukraine 134 Millionen Franken an Spenden ein, das zweitbeste Ergebnis seit der Gründung der Organisation. Im Jahr 2023 wurden für die Erdbeben in Syrien und der Türkei über 30 Millionen Franken gespendet.
Nach einem Spendenrekord mit über 80 Millionen Franken im Jahr 2022 rechnet auch das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) für das Jahr 2023 mit einem Rückgang der Spenden auf rund 45 Millionen Franken. Damit gleicht sich das Spendenniveau dem Jahr 2021, als rund 43,3 Millionen Franken gespendet wurden. Für das nächste Jahr hat die Organisation rund 40 Millionen budgetiert.
Helvetas rechnet mit sehr gutem Ergebnis
Der Ukraine-Konflikt hat auch beim Hilfswerk Helvetas zu einem Spendenrekord von 45,6 Millionen Franken geführt. Dies auch dank einer ausserordentlichen Erbschaft. Für 2023 rechnet Helvetas – trotz eines leichten Rückgangs der Spenden zugunsten der Ukraine – mit dem zweitbesten Ergebnis ihrer Geschichte. Dies insbesondere, weil die Lage auf den Finanzmärkten der Stiftung geholfen hätten, hiess es auf Anfrage.
Die Aufmerksamkeit der Medien für die aktuellen Krisen habe zur Folge, «dass man der humanitären Nothilfe einen Vorteil verschafft, indem man die Zusammenarbeit fördert, was sich langfristig nachhaltig auswirkt», sagte Aude Marcovitch Iorgulescu, Medienverantwortliche bei Helvetas, zu Keystone-SDA. «Der Rückgang der Spenden zugunsten der Entwicklungszusammenarbeit beunruhigt uns aber sehr».
Zahl der regelmässigen Spender sinkt bei Terre des hommes
Auch Terre des hommes (Tdh) berichtet auf Anfrage von den Auswirkungen der Weltwirtschaftslage auf die Spendenbereitschaft. Ausserdem beobachtet das Hilfswerk eine Veränderung in der Spender- und Unterstützerlandschaft. Nach einem starken Jahr 2021 sank bei Tdh das Spendevolumen in den letzten zwei Jahren um rund sieben Prozent, wobei insbesondere die Zahl der regelmässigen Spenderinnen und Spender deutlich zurückging.
Die im humanitären Bereich tätigen NGOs seien mit wachsenden Bedürfnissen konfrontiert, betonte Anna Bertschy, Sprecherin von Tdh. Weltweit gebe es bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen, Gewalt und Migration. Die Prioritäten würden dabei auf die Verteidigung oder den Wiederaufbau der Ukraine gelegt, sagte Bertschy. Die internationale Entwicklungszusammenarbeit im Rest der Welt werde vernachlässigt.
Die ökonomischen und politischen Unsicherheiten spiegeln sich auch in den Spenden für den Umweltschutz wider. Seit dem Frühling 2023 sind die Einnahmen der Umweltschutzorganisation WWF um rund vier Prozent zurückgegangen.
Und auch die Behindertenorganisation Pro Infirmis stellt fest, dass die Katastrophen im Jahr 2023 die Gelder auf Kosten der nationalen Projekte in Anspruch genommen haben.