Geht das ausgesetzte Baby von Därstetten BE zurück zur Mutter?
Das Wichtigste in Kürze
- Der ausgesetzte Säugling von Därstetten BE könnte zurück zur Mutter gehen.
- Dazu müsste die Mutter das Kind behalten wollen.
- Der Entscheid liegt bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB).
Am Samstagmorgen wurde in einem Werkhof in Därstetten BE ein ausgesetzter Säugling in einer Kartonschachtel gefunden. Die Polizei konnte in der Zwischenzeit die mutmassliche Mutter des Babys ermitteln, welche geständig ist.
Laut Polizeimeldung habe die Frau das Neugeborene bewusst an einem frequentierten Ort abgelegt, in der Hoffnung, dass es rasch aufgefunden werde. Das Mädchen befinde sich im Spital und werde medizinisch betreut.
Rückkehr zu Mutter nicht ausgeschlossen
Die regionale Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) ist nun für den Fall zuständig. Von ihrer Entscheidung hängt ab, was mit dem Baby nun geschehe.
«Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Kind zurück zu seiner Mutter kommt», sagt Dominik Müggler, Präsident der Stiftung «Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind» (SHMK). Sie bietet Hilfe für Menschen an, die wegen der Geburt eines Kindes in Not geraten. «Dafür muss die Mutter das Kind natürlich überhaupt wollen. Wir würden sie so weit wie möglich unterstützen.»
Falls dies der Fall sei, müsse die KESB im Sinne des Kindeswohls entscheiden. Das Mädchen sei immerhin einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt gewesen. Die Behörde würde neben der Mutter das ganze Umfeld unter die Lupe nehmen. Sie müsste auch die genauen Gründe klären, warum die Mutter das Kind abgegeben habe.
Nach dem Spitalaufenthalt komme das Baby voraussichtlich zu einer Pflegefamilie bis alle Abklärungen getroffen sind. Wenn es dann zur Adoption komme, würde die KESB würde dann evaluieren, bei welchen Adoptiveltern das Kind gut aufgehoben sei.
An Interessenten würde es auf keinen Fall mangeln. «In der Schweiz stehen hunderte von Eltern auf der Adoptionswarteliste», sagt Müggler.
Folgen für die Mutter
Laut Gesetz droht der Mutter wegen der Aussetzung des schutzlosen Säuglings, der unter ihrer Obhut steht, eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Die Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren eröffnet.
Dominik Müggler geht aber davon aus, dass die Mutter mit einer bedingten Geldstrafe davonkomme. So habe das Gericht auch bei früheren Fällen entschieden.
Diese Möglichkeiten bestehen für Mütter
Zwar gibt es keine offizielle Statistik zu Kindesaussetzungen, die Stiftung SHMK führt jedoch eine eigene Liste. Seit 2001 wurden demnach sieben ausgesetzte Babys lebend gefunden. Elf Neugeborene wurden in diesem Zeitraum tot aufgefunden.
In diesen fast 20 Jahren wurden 23 Säuglinge in die von der SHMK betriebenen Babyfenster gelegt. An acht Standorten gibt es Babyfenster, wo eine anonyme Übergabe in sichere Hände möglich ist.
Da eine unbegleitete Geburt erhebliche Risiken mit sich bringt, bieten diverse Spitäler auch die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt an. Um dem Kind den Anspruch auf Kenntnis der eigenen Abstammung nicht zu vereiteln, werden die Personalien der Mutter bei den Behörden hinterlegt.
Die vertrauliche Geburt ist wenig bekannt, wie «Sexuelle Gesundheit Schweiz» in einer Umfrage im Herbst 2019 herausfand. Nur in 18 Kantonen sei es allerdings möglich, eine solche durchzuführen, beklagt die Organisation. Lediglich 6 Spitäler würden über das Angebot auf ihren Webseiten informieren. Das Angebot sei – selbst unter Fachpersonen – wenig bekannt.