Gesetz für Gefährder: Hausarrest soll Terrorgefahr eindämmen
Am Donnerstagnachmittag steht im Nationalrat der zweite Teil der Terrorismus-Vorlage auf der Traktandenliste. Die EMRK schaut zu.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer des Terrors verdächtigt wird, soll künftig direkt in Präventivhaft genommen werden.
- Eine Mehrheit im Nationalrat ist für einen entsprechenden Vorstoss.
- Die Europäische Menschenrechtskonvention ist empört.
Die Uno-Menschenrechtskommission, die Menschenrechtsbeauftragte des Europarates und achtzig Menschenrechtsorganisationen haben an Parlament und Behörden appelliert: Sie halten die geplanten Gesetzesänderungen für unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Uno-Kinderrechtskonvention.
Stein des Anstosses für das Gesetz sind die geplanten Massnahmen gegen Gefährder. Als Gefährder gelten Personen, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon ausgegangen werden muss, dass sie eine terroristische Aktivität ausüben werden.
Wenn jemand einer Terrororganisation angehört oder schon einen Anschlag vorbereitet, kommt direkt das Strafrecht zum Zug. Sofern die Hinweise für ein Strafverfahren oder strafprozessuale Massnahmen aber nicht ausreichen, sind den Behörden die Hände gebunden.
Das will der Bundesrat angesichts der «potenziell schweren Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit» ändern. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) soll gegenüber Gefährderinnen und Gefährdern des Gesetzes eine Gesprächsteilnahmepflicht, Kontaktverbote oder Ausreiseverbote verhängen dürfen.
Gesetz: Auch minderjährige Gefährder können in Haft genommen werden
Besonders umstritten ist der Hausarrest. Diese Massnahme muss von einem Gericht geprüft werden. Gegner sprechen von «Beugehaft», die nicht mit der EMRK vereinbar ist.
Der Ständerat beschloss dazu verschiedene Ausnahmen im Gesetz: Gefährder sollen das Haus für Erwerbs- und Bildungszwecke, die Ausübung der Glaubensfreiheit oder wegen familiärer Verpflichtungen verlassen dürfen.
Für Kritik im In- und Ausland sorgt auch, dass der Hausarrest bereits gegen Personen ab 15 Jahren verhängt werden kann. Die übrigen Massnahmen können schon 12-Jährigen auferlegt werden.
Die polizeilich-präventiven Massnahmen sind auf sechs Monate befristet, sie können aber einmalig um maximal sechs Monate verlängert werden. Hausarrest kann bis zu drei Monate dauern und darf zweimal um jeweils maximal drei Monate verlängert werden.
Nationalrat: Mehrheit spricht sich gegen EMRK aus
Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats will noch weitergehen und beantragt eine «gesicherte Unterbringung von Gefährdern». So sollen Personen aus dem Verkehr gezogen werden, die etwa zu Gewalt und Terror aufrufen, Terror finanzieren oder diesen unterstützen.
Nach Ansicht der knappen Mehrheit der Kommission können damit Anschläge durch bekannte Gefährder effektiver verhindert werden. Die Minderheit hält die Präventivhaft für unvereinbar mit rechtsstaatlichen Grundsätzen und mit der EMRK.
Auch die Überwachung wird ausgebaut: Das Fedpol soll die Befugnis erhalten, im Internet, in Messenger-Diensten und sozialen Medien verdeckt Fahnderinnen und Fahnder einsetzen zu können. Solche Ermittlungen unter falscher Identität dürfen nur im Zusammenhang mit schweren Straftaten durchgeführt werden. Bei denen muss zusätzlich der Bund für die Strafverfolgung zuständig sein.
Die präventiven Massnahmen gegen Gefährderinnen und Gefährder sind subsidiär und ergänzend gedacht. Sie dürfen nur angewendet werden, wenn therapeutische Massnahmen nicht anschlagen werden und wenn die Gefahr nicht anders abgewendet werden kann.