Grippe: Besonders 15- bis 29-Jährige im Bett
In letzter Zeit melden sich immer mehr Menschen krank – sie hätten eine Grippe. Infektiologe Jan Fehr erklärt im Interview die momentane Lage in der Schweiz.
Das Wichtigste in Kürze
- Viele Menschen in der Schweiz kämpfen zurzeit mit der Grippe.
- Im Interview spricht Infektiologe Jan Fehr über die Gründe für diese Entwicklung.
Jede Woche verzeichnet die Schweiz, aber auch das Ausland, mehr Grippefälle. Immer mehr Personen gehen wegen grippeähnlicher Erkrankungen zum Arzt. Diese Zahl habe sich innerhalb einer Woche fast verdoppelt, so das BAG.
Diese Entwicklung macht sich auch bei grossen Schweizer Arbeitgebern, wie die Swisscom oder die SBB, bemerkbar. Viele Angestellte melden sich krank.
Im Interview mit Nau.ch erklärt Infektiologe Jan Fehr die für den Dezember ungewöhnliche Lage.
Nau.ch: Steuern wir auf eine Grippewelle zu?
Jan Fehr: Das wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Es könnte der Beginn einer Grippewelle sein. Aber ja, es ist klar ein starker Anstieg an Fällen von grippeähnlichen Erkrankungen zu erkennen, national wie international.
Nau.ch: Gibt es mehr Erkrankungen als noch vor der Pandemie?
Fehr: Verglichen mit den Wintern vor der Pandemie sind viel mehr Menschen krank. Die Grippe kam dieses Jahr deutlich früher und die Zahlen zeigen einen starken Anstieg.
Nau.ch: Welche Viren grassieren derzeit?
Fehr: Die Daten des BAG erfassen grippeähnliche Erkrankungen, zu denen auch Sars-CoV-2 gehört. Die weitergehenden Analysen dieses Sammeltopfs zeigen, dass besonders Influenzaviren und das RSV-Virus derzeit in der Schweiz zirkulieren. Aber auch Rhino- und Adenoviren sind vertreten, wenn auch weniger prominent.
Nau.ch: Welche Altersgruppe ist besonders betroffen?
Fehr: Anzahl mässig am stärksten betroffen sind die 15- bis 29-Jährigen. Der relevante Faktor ist sehr wahrscheinlich ihre hohe Mobilität. Diese Altersgruppe ist sehr viel unterwegs und pflegt ein reges Sozialleben: im Ausgang, in der Schule oder auch im ÖV. Dass die Mobilität eine gewichtige Rolle spielt, haben wir auch in den verschiedenen Coronawellen gesehen.
Nau.ch: Sind wir anfälliger geworden?
Fehr: Nein, unser Immunsystem funktioniert immer noch einwandfrei. Es wird in jeder Sekunde des Tages von unzähligen Erregern herausgefordert. In den letzten zwei Jahren kam es aber nur beschränkt mit diesen winterlichen Atemwegsviren in Kontakt. Auf diese Viren reagiert es deshalb wohl etwas weniger schnell und effizient.
Nau.ch: Sollten wir wieder vermehrt eine Maske tragen?
Fehr: Die Menschen verhalten sich weniger diszipliniert – gehen mit Schnupfen ins Büro oder in die Bar. Wenn man sich im ÖV umsieht, tragen dort noch die wenigsten eine Maske. Ich bin auch nicht für eine generelle Maskenpflicht, schliesslich müssen wir zu einer Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens zurückfinden.
Aber eine Maske im ÖV ist sicherlich sinnvoll, wenn man mit Schnupfen oder Husten unterwegs ist. Oder man entscheidet auch für sich selbst, dass man sich nicht ungeschützt einem Virennebel aussetzen möchte.
Nau.ch: Werden uns diese Viren nun den ganzen Winter lang begleiten?
Fehr: Atemwegsviren kursieren seit je her vermehrt im Winter. Die Frage ist einfach, in welcher Intensität sie dies tun. Die nächsten Wochen dürften hier entscheidend sein. Wichtig ist, dass sich Risikopatienten und solche, die viel mit ihnen in Kontakt sind, entsprechend schützen.