In Beiz und Lädeli: Nun kann man schon mit Selfies zahlen!
Via App können Personen ab 250 Instagram-Followern Deals bei lokalen Unternehmen erhalten. «Bezahlt» wird dann schliesslich per «Werbe-Post».
Das Wichtigste in Kürze
- Dank eines Berliner Unternehmens können Normalos zu Influencern werden.
- Wer mehr als 250 Follower hat, kann mit Insta-Post bezahlen, statt mit Geld.
- So sollen Freunde und Bekannte ins lokale Geschäft und Beizen gelockt werden.
- Zukunftsforscherin Isabelle Vuong sieht das Konzept skeptisch.
Das Berliner Unternehmen Alphin betreibt seit sieben Jahren die App Freachly. Die Firma bezeichnet sich auf der Webseite als «führende Marketingplattform für lokale Unternehmen in Europa».
Und die macht jetzt auch Normalos zu Influencern – die mit Selfies statt Geld bezahlen.
Normalo-Influencer «bezahlen» mit Selfie
Die Idee von Freachly ist folgende: Privatpersonen ab 250 Followern auf Instagram melden sich an und erhalten als Normalo-Influencerinnen und -Influencer Deals bei lokalen Unternehmen.
Sie kriegen beispielsweise einen Gutschein für ein Gratis-Menu oder -Getränk beim Restaurant um die Ecke. Im Gegenzug müssen sie das Erlebnis dann auf ihrem persönlichen Instagram-Account bewerben. Etwa mit einem Selfie. Und so Freunde und Bekannte ins Lokal locken.
Bisher ist Freachly in Deutschland, Österreich und Grossbritannien verfügbar. 75 Prozent der aktiven Normalo-Influencerinnen und Influencer sind aus Deutschland, teilt Alphin-Geschäftsführer Mario Geiss auf Anfrage mit.
Für den Schweizer Markt bestehen derzeit keine Pläne. Aber: Schweizer können die App beispielsweise in Deutschland benutzen.
Wie gross der Gutschein ist, den Otto Normalo hier ergattern kann, bestimmt das jeweilige Restaurant oder Geschäft selbst. Geiss: «Die Unternehmen sind dabei frei in der Wahl der Angebote und stufen diese nach Anzahl der relevanten Follower ab. Zwischen 250 und 1000 Followern bewegen sich die Gutscheinwerte bei etwa fünf bis zehn Euro.»
Zudem müssen die Beiträge der Normal-Influencerinnen und -Influencer als «Werbung», beziehungsweise «Sponsored» markiert werden.
Expertin sieht Freachly-Konzept kritisch
Wie gross ist das Potenzial dieses Konzepts – «Bezahlen» Menschen mit 250 und mehr Instagram-Followern bald mit Selfies?
Zukunftsforscherin Isabelle Vuong von der Universität Lausanne sieht das Konzept und die Wachstumsmöglichkeiten kritisch. Das bisherige Wachstum sei schön, aber nicht rasant vonstattengegangen.
Vor zwei Jahren sagte Alphin-CEO Geiss gegenüber dem «Business Insider», man wolle nach Frankreich und in die USA expandieren. «Seitdem ist jedoch nichts passiert», sagt Vuong. «Ich vermute, dass Freachly tatsächlich Schwierigkeiten hat, zu wachsen.»
Aus ihrer Sicht begrenzen das lokal ausgerichtete Konzept und das Vergütungsmodell des Gutscheins das Wachstumspotenzial. Vuong: «Kleine Unternehmen wie Restaurants können sich aufgrund ihrer geringen Grösse und Marketingmittel nur eine geringe Anzahl an Gutscheinen leisten.»
Bei den Normalo-Influencern sei es noch begrenzter. «Hier geht es nur um Gutscheine für Dienstleistungen oder Produkte – von denen man nur eine kleine Anzahl einlösen kann.» Um Geld in Form von Sponsoring und Werbeeinnahmen oder anderem Einkommen gehe es für sie aber nicht. «Im Falle eines vielversprechenden Wachstumsgeschäftsmodells sollte es solche Grenzen nicht geben.»
Google-Bewertungen wichtiger
Das Erfolgsmodell der klassischen Influencerinnen und Influencer mit Tausenden von Followern bleibe vorerst unverändert: viele Follower sammeln, die dann nicht für lokale Unternehmen interessant sind, sondern für (inter)nationale Marken. Der Followerkreis werde dann durch Sponsoring und Werbung vermarktet.
Die Zukunftsforscherin betont zudem, dass für Restaurants gute Google-Bewertungen derzeit wichtiger seien als ein Instagram-Beitrag. Authentische Bewertungen finde man dort.