Krankenkassen

Keine Spur von «Krankenkassen-Hype» bei den regionalen Strompreisen

Peter Knechtli
Peter Knechtli

Basel,

Wenn es um Krankenversicherungsprämien geht, wird gerechnet und Kassen gewechselt, was das Zeug hält – nicht so bei der Elektrizität in der Region Basel.

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«Keine Bewegung an der Kundenfront»: Lebensader Elektrizität. - Peter Knechtli

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Personen in der Region Basel wechseln immer wieder die Krankenkassen.
  • Bei der Elektrizität zeigt sich jedoch ein anderes Bild.

Im Kanton Basel-Stadt besteht nicht einmal die Möglichkeit, den sogenannten grauen Strom aus Kohle- oder Atomkraftwerken zu bestellen. Die Industriellen Werke Basel (IWB) bieten «ausschliesslich Strom aus erneuerbaren Quellen an, sowohl in der Grundversorgung als auch in der Versorgung der Kunden im freien Markt», wie Sprecher Erik Rummer gegenüber OnlineReports erklärt.

Dazu gehört auch das Standardprodukt. Dieses werde «am stärksten nachgefragt». Hingegen haben Kunden die Möglichkeit, gegen einen Preisaufschlag spezifische Nachhaltigkeit zu bestellen.

Interesse an Öko spezial «sehr gering»

Das Produkt Strom Regio stammt aus dem Flusswasserkraftwerk Birsfelden, aus Solarstrom der Solarstrombörse Basel und aus dem Kleinwasserkraftwerk Neuewelt bei Münchenstein – allesamt «naturemade»-zertifiziert. Der Aufpreis gegenüber dem Standardprodukt beträgt 2,15 Rappen pro Kilowattstunde.

Die Kategorie Strom Solar ist der zertifizierte Elektro-Star: Der Strom stammt von den 450 Photovoltaik-Anlagen, die auf Basler Dächern produzieren. Dieses Angebot hat seinen satten Aufpreis: 42 Rappen pro Kilowattstunde.

Allerdings ist die Bereitschaft der Bevölkerung bescheiden, für optimal lokal-nachhaltigen Strom tiefer in die Tasche zu greifen: Der Anteil dieser beiden Aufpreis-Produkte am gesamten Stromabsatz ist laut IWB «sehr gering». Somit herrscht auch keine Bewegung an der Kundenfront, da der weitaus grösste Teil der Privatkunden gern das günstigste Produkt bezieht – auch weil es nachhaltig produziert wird.

Schweizer Sonnenstrom kaum gefragt

Eine vergleichbare Einschätzung legt die Elektra Baselland (EBL) vor. Allerdings mit Nuancen. Der Energiedienstleister aus Liestal bietet vier Strombezugs-Kategorien an: Die günstigste ist Atomstrom (Grau), den andere Versorger in der Region nicht mehr anbieten, gefolgt von europäischer Wasserkraft (Blau), die für einen Aufpreis von 0,2 Rappen pro Kilowattstunde zu haben ist.

Sind Sie Ihrer Preiskategorie bei der Elektrizität treu geblieben?

Das EBL-Standard-Produkt aus Schweizer Wasserkraft ist um 1,5 Rappen teurer, während Elektrizität aus Schweizer Photovoltaik-Anlagen (Grün) mit einem Zuschlag von fünf Rappen pro Kilowattstunde erhältlich ist.

Interessant im Vergleich mit den IWB ist die Nachfrage bei der EBL (Stand 2022): 77 Prozent ihrer Kunden lassen sich mit dem Produkt Standard bedienen. Gerade einmal ein Prozent leistet sich mit Schweizer Sonnenstrom (grün) die teuerste, aber auch nachhaltigste Versorgung. Derweil setzt immerhin fast ein Fünftel der Strombezüger (18 Prozent) auf Atomstrom, während der Anteil der Bezüger aus europäischer Wasserkraft mit vier Prozent auffallend bescheiden ausfällt.

«Einzelne Wechsel aus Kostengründen»

EBL-Direktor Tobias Andrist stellt einen einzigen Verschiebungstrend fest – jener von Standard zum günstigeren Blau. Dies hat seiner Meinung nach aber nicht mit einem bewussten Kunden-Entscheid für Preisoptimierung zu tun, sondern «hauptsächlich damit, dass das Produkt EBL Blau erst im Jahr 2021 eingeführt wurde und neue Kunden seither standardmässig dieses Produkt erhalten.»

Bei den Privatkunden erkennt Andrist aber «keinen Trend zu Produkten aus nicht erneuerbaren Energien». Die EBL erfasse die Gründe für die Produktwechsel der Kunden allerdings nicht systematisch. Es sei also «durchaus möglich, dass einzelne Wechsel aus Kostengründen erfolgt sind».

Primeo Energie mit Aare-Strom

Wie die IWB bietet die in Münchenstein domizilierte Primeo Energie ihren Privatkunden ausschliesslich Strom aus erneuerbaren Quellen an. So das «naturemade»-zertifizierte Standard-Produkt, das vom überwiegenden Teil der Kunden bezogen wird.

Für Kunden, die aus Engagement freiwillig auf «ökologischen Mehrwert» setzen, so wie es Primeo-Sprecher Jo Krebs bezeichnet, steht das Produkt Grün bereit. Diese Energie stammt ausnahmslos aus neuen erneuerbaren Energien wie Kleinwasserkraft und Sonne aus der Region und der Schweiz. Preisaufschlag pro Kilowattstunden: drei Rappen.

Primeo-Kunden im Netzgebiet der Tochtergesellschaft Aare Versorgungs AG in der Region Olten/Balsthal können zusätzlich das Produkt Aarestrom (sozusagen eigene Elektrizität) bestellen. Es stammt ausschliesslich aus regionalen Aare-Wasserkraftwerken und ist zwei Rappen teurer als Standard.

Schlusslicht Mehrwert-Produkte

Wie bei den IWB halten auch die allermeisten Primeo-Privatkunden die Standard-Kategorie für die angemessenste. Wie Sprecher Jo Krebs sagt, setzen nur rund zwei Prozent der Kunden auf die ökologischen Mehrwert-Produkte Primeo Grün oder Aarestrom.

Ein verstärkter Wechsel zwischen den Produkten sei im Vergleich zu den Vorjahren nicht erkennbar. Hingegen stellt Primeo Energie fest, dass der Stromverbrauch insgesamt leicht abnimmt. Krebs: «Wir erwarten, dass sich dieser Trend des sparsameren Umgangs mit Strom weiter fortsetzt.»

Spar-Effekt schwierig eruierbar

Aeneas Wanner ist CEO des auf Erneuerbare spezialisierten Basler Energie-Beratungsunternehmens «Renera AG» (früher: «Energie Zukunft Schweiz»). Er weist darauf hin, dass es beim Ökostrom um «viel weniger Geld geht als bei den Krankenkassen-Prämien». Beim Rechnen mit dem jährlichen Verbrauch an Kilowattstunden «schafft man es nicht einfach herauszufinden, wie viel man spart». Ebenso seien die privaten Kunden an das Monopol der Stromlieferanten gebunden, ein Wechsel des Anbieters ist für sie nicht möglich.

Dass die teure topökologische Kategorie kaum nachgefragt wird, hängt gemäss Wanner damit zusammen, dass sie noch «aus einer Zeit stammen, als fossile Energien Standard waren». Heute stammen die Standard-Produkte ausnahmslos aus nachhaltiger Produktion.

Zum Autor: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports.ch» publiziert. Per 1. Juli haben Alessandra Paone und Jan Amsler übernommen.

Kommentare

User #3520 (nicht angemeldet)

Wass mich als Langjährigen Zwangskunden der IWB nervt. Ist, dass sich Energiesparen überhaupt nicht auszahlt! Seit mindestens 15 Jahren habe ich einen so tiefen Verbrauch, dass ich den Mindestpreis bezahlen muss. Strom pro Jahr im durchschnitt: 12 Monate 01.04. - 31.03. CHF 80.05 Abgaben/Netznutzung CHF. 236.36 plus Mwst: CHF 19.36 = Total: Fr. 335.77. (Rechnung 2022/23) Da stimmt für mich schon einiges nicht! Man wird fürs Energiesparen noch mit hohen Kosten bestraft…

User #1289 (nicht angemeldet)

Die IWB torpediert die Energiewende indem sie Mondpreise für Solarstrom aufruft und keinerlei Anreize für Solarstromproduktion schafft, zum Beispiel mit höheren Einspeisevergütungen. Diesem Treiben sollte politisch ein Riegel geschoben werden.

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