Mutter

Kesb nimmt Mutter Samenspende-Baby weg – sie entführt es

Stephan Felder
Stephan Felder

Zürich,

Entzug des Sorgerechts, Vorwurf der Misshandlung. Verhaftung: Der «Fall Bénédicte» schlägt in der Romandie hohe Wellen und produziert nur Verlierer.

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Auf der Plattform X wurde die Verhaftung am HB Zürich dokumentiert. - X

Das Wichtigste in Kürze

  • Einer Mutter aus dem Waadtland wird drei Tage nach der Geburt das Sorgerecht entzogen.
  • Später wirft sie dem Pflegeheim, in dem die Kleine platziert wird, Misshandlung vor.
  • Kurzerhand nimmt die Mutter ihr Kind mit – und wird am Hauptbahnhof Zürich verhaftet.

Das Drama um die kleine Bénédicte (Name geändert) beschäftigt die Romandie nun schon seit mehr als einem Jahr. Neuer Höhepunkt: Die Mutter wird auf dem Weg ans Kinderspital Zürich am Zürcher Hauptbahnhof (HB) festgenommen. Grund: Entziehung von Minderjährigen.

Doch der Reihe nach. Eine 39-jährige Frau aus dem Kanton Waadt sehnt sich nach einem Kind. Der Wunsch führt sie nach Dänemark, wo die künstliche Befruchtung für Single-Frauen mittels Samenspende im Gegensatz zur Schweiz legal ist.

Sorgerecht nach drei Tagen entzogen

Nach fünf Jahren klappt es mit der Schwangerschaft. Zunächst verläuft alles nach Wunsch, ehe es im siebten Monat zu Komplikationen kommt: Schwangerschaftsvergiftung, Notfallkaiserschnitt. Die kleine Bénédicte verbringt die ersten Tage ihres Lebens im Brutkasten.

Die Mutter ist in den Tagen nach dem Notfallkaiserschnitt geschwächt. Bald kommt es zum Streit mit dem Personal. Es sei gefährlich, wie die Mutter ihr Baby halte. Sie präpariere den Schoppen falsch.

Der Ton verschärft sich. Es folgt eine Gefährdungsmeldung bei der Kindesschutzbehörde.

Die kleine Bénédicte
Im Zentrum des Streits: Die kleine Bénédicte. - Screenshot Twitter/X

Drei Tage nach der Geburt platzieren die Waadtländer Kindesschutzbehörden Bénédicte notfallmässig in der Säuglingsstation und entziehen der Mutter das Sorgerecht.

Zehn Tage später wird das Mädchen in ein Kinderheim gebracht. Die Mutter kann ihre Tochter pro Woche während eineinhalb Stunden besuchen.

Der öffentliche Druck

In der Romandie schlägt Bénédicts Schicksal hohe Wellen. Über 700 Personen unterzeichnen eine Petition mit der Forderung: Gebt Bénédicte ihrer Mutter zurück!

23 Persönlichkeiten, darunter zahlreiche Professoren und Kinderärztinnen, lancierten den gleichen Appel via «Blick».

Ohne Wirkung. Das Bundesgericht stützt im Februar den Entscheid der Fremdplatzierung. Es attestierte der Mutter immerhin mehr Besuchszeit; am Wochenende darf sie acht Stunden alleine mit Bénédicte unterwegs sein.

Trotzdem zieht die Mutter das Urteil weiter an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Vorwurf der Misshandlung

Unterdessen nimmt der Fall eine tragische Wende. Bénédictes Mutter befürchtet, dass ihre Tochter im Heim misshandelt werden könnte. Die Kleine habe immer wieder unerklärliche Beulen am Kopf. Die Mutter hat deshalb eine Strafanzeige eingereicht.

Am vorletzten Wochenende konsultierte die Mutter mit Bénédicte das Kantonsspital Freiburg. Dort hat man den Verdacht auf Misshandlung weder bestätigen noch entkräften können. Ihr aber geraten, Spezialisten an einem anderen Kinderspital zu konsultieren.

Am Dienstag begab sich die Mutter mit Bénédicte deshalb nach Zürich. Bis ins Kinderspital kam sie nicht. Die Kantonspolizei nahm die Mutter und ihre Begleiterinnen fest und führte sie auf die Polizeiwache.

Die Kesb Waadt hatte zuvor Strafanzeige eingereicht, weil Bénédicte nicht zum vereinbarten Zeitpunkt ins Heim in Lausanne zurückgebracht worden war.

Eine Geschichte ohne Gewinner

Die Mutter verfügt nicht über das Aufenthaltsbestimmungsrecht ihrer Tochter. Sie darf die Kleine also nicht einfach mitnehmen.

Jetzt wird ihr das Entziehen von Minderjährigen vorgeworfen. Quasi eine Entführung.

Sie verbrachte eine Nacht in Haft in Lausanne.

Hast du schon einmal eine Gefährdungsmeldung bei der Kesb gemacht?

Der Anwalt der Familie sagte gegenüber «24 heures»: «Ich bin selber Vater. Diese Geschichte raubt mir den Schlaf. Bénédicte geht es schlecht, und niemand reagiert. Die Familie hat das Vertrauen in die Waadtländer Behörden verloren.»

Die zuständige Waadtländer Kesb weist die Vorwürfe gegenüber der «Luzerner Zeitung» als «haltlos» und «rufschädigend» zurück. Bénédicte profitiere von einer qualitativ sehr guten Betreuung und werde medizinisch gut versorgt.

Die juristische Schlammschlacht wird im Fall Bénédicte noch lange anhalten. Die Fronten verhärten sich immer mehr. Das Wohl des Kindes steht nur noch auf dem Papier im Vordergrund. Es ist eine Geschichte ohne Gewinner.

Kommentare

User #4526 (nicht angemeldet)

Grusel und Horror Kesbfilme

User #5919 (nicht angemeldet)

Mir und meiner Frau wurden beiden das Aufenthalsbestimmungsrecht über unsere 10 Tage alte Tochter genommen. Das war vor 23 Tagen. Aus dem Kanton Bern per Polizeiüberführung in den Kanton Zürich verdeckt plaziert. Völlig unverhältnissmässig.... Ich bin durchaus der Meinung, dass es die KESB braucht. Da wir aber jetzt selber von einem superprovisorischen Entscheid betroffen sind, und wir die Beweggründe zwar verstehen, aber nicht die Vorgehensweise, sind wir zu tiefst bestürzt und verstehen die Welt nicht mehr. Ich bin der Meinung die KESB sollte immer zuerst beobachten. Eine so frühe deplazierung ist zwar bequem für die Behörde, birgt aber auch imense Probleme die dann später auftauchen. Anders als wie in diesem Fall, haben uns die Ärzte, Hebammen und das Pflegepersonal des Salem's im Umgang mit unserer Tochter eine ausgezeichnete Beurteilung erhalten. Auch sie können das Verhalten der KESB nur als Überforderung verurteilen. Unsere Anwälte sagen, wir sollten den Ball jetzt flach halten... doch die Bindungszeit ist jetzt.... Ich bin ratlos und entäuscht über das Verhalten der KESB Schafhausen. Ein deplazierung nur wegen Verdachts auf ein Problem, kann doch nicht genügen um auf eine ultima ratio hinzusteuern, bzw. diese umzusetzten.

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