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Kriegskasse von Novartis könnte sich 2022 füllen

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Zürich,

Der Pharmakonzern muss für Wachstum tief in die Tasche greifen. 2022 könnte dem Unternehmen die Ressourcen jedoch bereitstehen.

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Der Novartis Hauptsitz in Basel. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Novartis könnte 2022 viel Geld in seine Kriegskassen holen.
  • Dafür müsste der Pharmakonzern aber seine Generika-Tochter Sandoz verkaufen.

Mit einem 15-Milliarden-Dollar-Weihnachtsgeschenk hat Novartis-Konzernchef Vasant Narasimhan vergangene Woche eine Charme-Offensive bei den Anlegern des Schweizer Pharmakonzerns gestartet.

Mit dem Aktienrückkauf nutzt der Amerikaner die Gelegenheit, die Gunst der von überteuerten Übernahmen und Medikamenten-Fehlschlägen enttäuschten Investoren wiederzugewinnen und den Ton zu setzen für das Schlüsseljahr 2022: Dann entscheidet Novartis, was mit der Generika-Tochter Sandoz passieren soll.

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Der Novartis-Campus in Basel. - Keystone

Investoren hoffen, dass der Erlös aus einem möglichen Verkauf - dem wahrscheinlich grössten in der Firmengeschichte - in neue Medikamente oder Technologien investiert werden, um dem Wachstum auf die Sprünge zu helfen. Hier sehen sie Nachholbedarf - doch das kann teuer werden.

Novartis-Aktie reagiert

Die Ankündigung des Aktienrückkaufs vergangene Woche liess den Kurs der Novartis-Aktie fast sechs Prozent nach oben schnellen. Doch blickt man weiter zurück, sieht es weniger rosig aus: Seit dem Anritt von Narasimhan Anfang Februar 2018 ist die Aktie kaum von der Stelle gekommen. In derselben Zeit hat Erzrivale Roche rund 70 Prozent an Wert gewonnen und der Index der europäischen Gesundheitswerte ist um fast die Hälfte gestiegen.

«Das Problem bei Novartis ist die Pipeline», erklärt Vontobel-Analyst Stefan Schneider. Die Medikamentenkandidaten in der Entwicklung böten keine überzeugenden Wachstumsaussichten. Zwar sei die Pipeline schon vor dem Amtsantritt Narasimhans ausgedünnt gewesen, aber mit seinen Zukäufen um sie aufzubessern - fünf davon recht gross -, habe er kein glückliches Händchen bewiesen. «Die waren allesamt teuer», erklärt Schneider.

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Der Novartis-Campus in Basel. - Keystone

«Und vier von den fünf Deals haben sich nicht wie erwartet entwickelt. Das war einfach zu viel.» Irgendwann hätten die Investoren die Geduld verloren. Auch die Analysten der UBS kamen zum Schluss, dass die meisten Projekte in der spätklinischen Entwicklung «wenig aufregend sind oder wahrscheinlich scheitern werden.»

Sandoz führt zu Geldsegen?

In den vergangenen Monaten reifte dann in dem von Star-Architekten gebauten Hauptsitz-Campus an Rheinknie offenbar die Überzeugung, dass ein Befreiungsschlag notwendig ist. Novartis klopfte beim Nachbarn Roche an und vereinbarte den Verkauf des rund 21 Milliarden Dollar schweren Roche-Aktienpakets, das die Grundlage des Geldsegen für die eigenen Aktionäre lieferte. Doch Novartis hat einen weiteren, potenziell noch grösseren Pfeil im Köcher: Die Generika-Tochter Sandoz.

Im Oktober in die Auslage gestellt lautet die offizielle Sprachregelung: Alle Optionen liegen auf dem Tisch. Doch kaum ein Experte bezweifelt, dass Novartis das Geschäft mit Nachahmermedikamenten und Biosimilars abstossen wird. Ob über einen Börsengang - ähnlich wie 2019 mit der Augenheil-Tochter Alcon - oder einen Verkauf, hängt einem Banker zufolge in erster Linie vom Preis ab, auch wenn die höhere Transaktionssicherheit eher für einen Verkauf spreche. «Jede grosse Private-Equity-Gesellschaft wird sich das anschauen», sagt ein Fondsmanager.

Einem Medienbericht zufolge sollen etwa der Finanzinvestor EQT und die deutsche Investorenfamilie Strüngmann ein gemeinsames Gebot erwägen. Schlussendlich könnten etwa vier Konsortien bestehend aus mehreren Investoren Angebote einreichen, schätzt der Fondsmanager, der nicht namentlich genannt werden wollte. Während Analysten den Wert von Sandoz auf 20 Milliarden Dollar oder mehr veranschlagen, hält er auch ein Preisschild von 40 Milliarden Dollar für möglich.

Banken gehen auf Novartis zu

Sollte Novartis Sandoz verkaufen, würde der Konzern über eine prall gefüllt Kriegskasse verfügen. Bis zu 70 Milliarden Dollar könnte Novartis dann aufbringen, schätzen Analysten. Das wissen auch die Banken, die lukrative Mandate wittern. «Jede Bank, jeder Berater geht jetzt auf Novartis zu und macht Vorschläge,» sagte ein Investmentbanker.

«Sie zeigen ihnen die ganze Weinkarte, von den günstigen bis zu den ganz teuren Tropfen.» Auf der Liste der möglichen Übernahmeziele dürften Dutzende von Firmen stehen, erklärte er.

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Der Novartis-Campus in Basel. - Novartis

Novartis-Chef Narasimhan stapelt tief. Grossübernahmen seien nicht das Ziel, im Zentrum stünden wie bereits bislang ergänzende Zukäufe, sagte er in einem Interview mit «Finanz und Wirtschaft». Er wolle bei den bestehenden Therapiegebieten Krebsbehandlungen, Herz-Kreislauf-Medikamente, Immunologie, Neurologie und Hämatologie zukaufen.

Wachstum wird teuer

Dennoch muss das Unternehmen wegen der hohen Bewertungen in der Branche wohl tief in die Tasche greifen, wenn es das Wachstum ankurbeln will. Firmen mit einer Technologie-Plattform etwa im zukunftsträchtigen RNA- oder Gentherapiebereich oder mit einer vielversprechenden, noch in der Entwicklung steckenden Arznei, dürften etwa zwischen fünf und 15 Milliarden Dollar kosten, schätzen Branchenexperten. Unternehmen mit bereits namhaften Umsätzen kämen noch deutlich teurer.

Einer Umfrage der japanischen Bank Mizuho bei über 100 Grossanlegern zufolge fanden Horizon Therapeutics, Alnylam und Cytokinetics den grössten Anklang als mögliche Zukäufe für Novartis. Genannt wurden aber auch Vertex Pharmaceuticals oder Argenx. Diese Firmen sind an der Börse - Cytokinetics ausgenommen - zwischen 16 und 54 Milliarden Dollar wert. Und eine Übernahme dürfte rund 40 Prozent Prämie Aufschlag bedingen.

Noch grössere Sprünge, beispielsweise der Kauf der britischen Astrazeneca oder der französischen Sanofi, gelten als unwahrscheinlich. Dafür müsste Novartis neben dem Sandoz-Erlös, den Erträgen aus dem bestehenden Geschäft und neuen Schulden von bis zu 30 Milliarden Dollar wohl auch eine grosse Kapitalerhöhung durchführen. Dazu würde der Kraftakt der Umsetzung kommen. «Der Markt ist skeptisch, ob Novartis mit dem gegenwärtigen Management in der Lage ist, einen grossen Zukauf zu integrieren», sagt der Fondsmanager.

In eine ähnliche Kerbe schlägt ZKB-Analyst Laurent Flamme: Novartis habe den Aktienrückkauf früher als erwartet angekündigt, um Sorgen der Anlegern zu zerstreuen, der Konzern könnte die Mittel für einen grossen Zukauf verwenden. «Die Mitteilung, es stehe keine grosse Akquisition an, reichte wohl nicht.»

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